Mit vollem Kulturprogramm gegen die AfD

Von Freitag bis Sonntag findet der AfD-Parteitag in der Essener Grugahalle statt. Mehrere Gegendemonstrationen und Kundgebungen sind für das Wochenende angekündigt. STROBO Redakteur Jacob wohnt im Stadtteil und findet die Gegendemo macht einiges richtig. Und doch gibt es noch zu viele vage Stimmen. Ein Kommentar.

Es ließ sich am Ende nicht verhindern. Die Stadt Essen wollte die rechte AfD nicht in der Stadt hausieren lassen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat letztlich entschieden: Der Bundesparteitag wird in der Grugahalle stattfinden. Jetzt wird die Stadt am Wochenende zum Aufmerksamkeitszentrum der Republik. All eyes on Essen also. Denn es wird ordentlich Trubel geben.

Auf der einen Seite: eine rechte Partei, die sich eklig selbstsicher fühlt und genugtuerisch ihren Parteitag abhalten will. Auf der anderen Seite: eine nach der Europawahl aufgeladene linke Bubble, die motivierter ist denn je, den Rechten den Kampf anzusagen. Die Demonstrierenden werden alles daran setzen, es der AfD im Ruhrgebiet so ungemütlich wie möglich zu machen. Und mittendrin: Ein Stadtteil, der von der Vielfalt lebt, eine Essener Memeseite, die zum Rave einlädt und ein WAZ-Redakteur, der Angst vor Demonstrierenden hat.

Der AfD Parteitag, die IGR und die falschen Prioritäten

Wie man sich ziemlich erfolglos gegen die AfD wehrt, zeigt die „Interessensvertretung Rüttenscheid” (IGR), die früher mal das beliebte Rü-Fest veranstaltete. Dabei wäre es doch ein schönes Bild, oder? Die alten Rü-Fest-Macher*innen und die neuen Projekt Rüttenscheid-Veranstalter*innen rund um Essen Diese endlich vereint, auf einer Demo gegen die AfD. Ja, schön wär’s. 

Die Polizei Essen bereitet sich auf den größten Einsatz seit Langem vor. Foto: Leopold Achilles.

Gut, die IGR informiert zwar über die Demonstrationszüge, es scheint dem Verein aber eher darum zu gehen welche Straßen blöderweise gesperrt werden. Sie macht sich eher Sorgen um mögliche Schäden und windet sich in einem politischen Wirr-Warr um die eigentliche Thematik herum. Dabei weiß der Verein, die Demo wird friedlich verlaufen und warnt gleichzeitig mit viel mehr Nachdruck vor den „Chaoten” der Gegendemo als vor den Demokratiefeind*innen der AfD. 

„Wir sind vermutlich fast alle verärgert über den AfD-Bundesparteitag in unserer Stadt und seine Folgen. Er schadet unserer Stadt und den unmittelbar Betroffenen durch die Randalierer, die dadurch angezogen werden”, so die IGR auf ihrer Website. Der Verein will die AfD also auch nicht in der Stadt haben, aber nur, weil sie linke „Randalierer” anziehen würde. Nicht etwa, weil sie eine in vielen Teilen gesichert rechtsextreme Partei ist, die eine Gefahr für unser demokratisches Zusammenleben darstellt. Dabei war doch auch die letzte große Anti-AfD Demo in Essen absolut friedlich und nichts und niemand ist zu Schaden gekommen.

Um eins klarzustellen: In der Interessensvertretung sitzen sicherlich keine Rechtsextremen. Das wollen wir hier niemandem unterstellen. Aber ein wenig mehr Klarheit, wäre an einem solch wichtigen Wochenende für die Stadt durchaus angebracht. 

AfD-Parteitag – okay für die WAZ?

Wenn es darum geht vorrangig vor Linken zu warnen und rechte Events irgendwie mit dem Rechtsstaat und Demokratie schön zu reden, ist einer immer ganz vorne mit dabei: Frank Stenglein, Redaktionsleitung der WAZ Essen. In seinem Kommentar zum Wochenende schildert auch er seine Angst vor den „politischen Gewalttätern”, die sich schon lange auf ihren „Auftritt” in Essen vorbereiten würden. Er propagiert eine „riesige Verunsicherung der Anwohner” und bezeichnet den Versuch der Stadt, den Parteitag in Essen zu verhindern, als „sinnloses Taktieren”. Leider offenbart der Essen-Chef der WAZ damit einmal mehr die fragwürdige Sehschwäche seines rechten Auges. 

Naja, vielleicht lässt er es sich ja von einem Anwohner erklären: Verunsicherung verspüre ich jedenfalls nicht. Nicht den Demonstrierenden gegenüber, die den Mut und die Kraft haben, sich am Wochenende gegen den Faschismus und für die Demokratie auszusprechen. Verunsicherung verspüre ich lediglich all den Stimmen gegenüber, die keine geraden Worte gegen die AfD herausbekommen. Ich verspüre keine Verunsicherung denen gegenüber, die am Freitagabend mit viel Bass in Richtung Gruga raven, um zu zeigen, dass Essen laut, vielfältig und bunt ist. Aber sehr wohl denen gegenüber, die Angst schüren und Hass säen und sich genau diesen Melting-Pot-Of-Cultures zum Feind erklärt haben. Die Mitglieder der AfD, die am Wochenende hier in unserer Stadt hausieren, gefährden unsere Gesellschaft, unseren Kulturbegriff, unsere Demokratie. Und unter uns Journalisten, Frank: Sie sind auch nicht so große Fans unseres Pressesystems. 

Ich frage mich wirklich: Erkennt ihr nicht, wer die eigentliche Gefahr für die Gesellschaft unserer Heimatstadt darstellt?

Mehrere Zehntausende Demonstrierende werden am Samstag in Essen erwartet. Foto: Leopold Achilles

Mit Kultur gegen Rassismus – so kann es klappen

Wie sich junge Kultur- und Medienschaffende hingegen kreativ und mit Sicherheit erfolgreicher gegen die AfD aussprechen können, zeigt das Programm des Wochenendes. Schon am Freitagabend gehen die Gegendemos los. Essen Diese und das Gitter Kollektiv organisieren dazu eine Rave-Demo. Los geht es um 19 Uhr hinter dem Essener Hauptbahnhof. Der Demozug wird bis zum Veranstaltungsort raven und zeigt, dass Kultur und Politik immer zusammenhängen werden. „Bass gegen Hass” ist das Motto des Freitagabends. „Für rechte Gesinnungen, wie die der AfD, gibt es in Essen keinen Platz”, stellt das Team von Essen Diese in der WAZ klar. Recht haben sie! Denn das freiheitliche Kulturerleben ist gerade im Ruhrgebiet so doll von so großer und schöner Vielfalt geprägt wie kaum an einem anderen Ort. Nichts könnte der AfD mehr widersprechen, als ein bunter, freundlicher und lauter Rave voller verschiedener Menschen.

Die Rave-Demo muss dabei ein Vorbild sein für den gesamten Kultur-Sektor. Sich klar gegen die AfD zu positionieren, muss noch viel mehr Teil des alltäglichen Kulturbetriebes werden. Denn die vielen Kulturschaffenden und Institutionen des Ruhrgebiets könnten gar nicht vielfältiger sein. Sie leben vom internationalen Austausch und überleben nur durch die demokratischen Grundfesten, die die AfD so verachtet. Für diese Szene gilt es, mehr denn je für die Erhaltung unserer Demokratie einzustehen. Die Initiator*innen von „Bass gegen Hass“ zeigen, wie das aussehen kann und auch das restliche Demo-Wochenende platzt vor buntem Kulturangebot. Ein ganzes Bühnenprogramm und ein „Markt der Möglichkeiten“ wartet auf die Demo-Teilnehmer*innen. Mit Kultur gegen Rassismus – lieben wir.

Aufstehen und Rausgehen – gegen den AfD Parteitag

Fakt ist: Es ist wichtig, am Wochenende auf die Straße zu gehen. Gegen die AfD und für die Vielfalt, die Gastfreundschaft und die Gemeinschaft, für die das Ruhrgebiet steht. Natürlich hat diese Partei nirgendwo etwas verloren, aber am aller aller wenigsten gehört sie in den Pott. Wenn ihr der gleichen Meinung seid, findet ihr hier alle Infos zu den Demozügen.

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