Es ist ein regnerischer Samstag in Gelsenkirchen. In einem kleinen Raum in der Bochumer Straße treffen sich um die zehn FLINTA*-Personen aus dem Ruhrgebiet. Hier wollen sie gemeinsam kreativ werden. Auf den zwei Tischen in der Mitte stehen Kerzen, Blumen, Modelliermasse und entsprechendes Werkzeug. Es wird gelacht, modelliert und gemalt. Die Auftaktveranstaltung der Embodiment-Workshopreihe des Kollektivs FLINTASY. STROBO-Autorin Anna Klinge hat mit den Gründerinnen Larissa und Elena sowie Mitglied Emmi vom Kollektiv über ihre Arbeit, Herausforderungen und Wünsche gesprochen.
Lesedauer: 4 MinutenSTROBO: Einmal zusammengefasst: Wer seid ihr eigentlich und was macht ihr genau?
Elena: Wir sind FLINTASY, ein ehrenamtliches Kunst- und Kultur-Kollektiv aus dem Ruhrgebiet. Wir haben uns 2023 gegründet, weil wir mehr künstlerische Projekte für FLINTA*-Personen auf die Beine stellen wollten. Seitdem haben wir verschiedene Workshops, Veranstaltungen und das FLINTASY-Magazin umgesetzt. Mittlerweile ist die zweite Ausgabe herausgekommen und wir sind seit dem Jahr 2025 auch ein eingetragener Verein.

STROBO: Wie seid ihr denn zusammengekommen?
Larissa: FLINTASY ist durch ein Bachelor-Projekt von Elena und mir entstanden. Wir haben angefangen kleine Workshops zu machen und daraus ist dann die Idee entstanden, ein zugehöriges Magazin als Bachelorarbeit zu erstellen. Da haben wir uns mit Anna von Paulinko zusammengetan und waren erst mal zu dritt. Und dann haben wir uns durch Workshops, die wir zum Beispiel mit Emmi zusammen gemacht haben, gefunden.
Kreative Körpererfahrungen
STROBO: Jetzt ist heute eure zweite Workshop-Reihe gestartet: Wie ist die Idee für das Oberthema Embodiement gekommen?
Elena: Wir wollten damit eine Auseinandersetzung nicht nur mit dem eigenen Mindset, sondern auch mit dem eigenen Körper anstoßen. Wir haben Lust, Safer Spaces zu kreieren, in denen man sich mit sich selbst auseinandersetzt – Kunst und vielleicht auch Heilung miteinander verbindet. Deswegen das Thema Embodiment: in Einklang mit sich und seinem Körper zu kommen und sich sicher als die Person zu fühlen, die man ist.

STROBO: Warum seht ihr das Thema Embodiment gerade für FLINTA*-Personen als wichtig an?
Emmi: Wir leben in patriarchalen Strukturen, das ist kein Geheimnis in Deutschland. Wir wollen auch versuchen, das im kleinen Kreis ein bisschen aufzubrechen. Dass man sich da auch irgendwie austauschen kann, mit den Erfahrungswerten, die man selbst mit dem eigenen Körper gemacht hat. Man muss nicht darüber sprechen, aber man kann und darf hier den Raum kreieren, sich darüber auszutauschen, wie man zu seinem Körper steht oder wie er vielleicht fälschlicherweise von der Gesellschaft wahrgenommen wird.
Mehr Räume und Träume, please!
STROBO: Ihr bespielt die freie Kunst- und Kulturszene im Ruhrgebiet: Wie schätzt ihr die aktuelle Lage von dieser Szene ein? Und wo seht ihr euren Platz auch da drin?
Emmi: Die kulturelle Szene im Ruhrgebiet braucht gerade jetzt verschiedene Bewegungen beziehungsweise Kollektive, die sich zusammenschließen und gründen. Gerade beim politischen Aufschwung, den wir alle miterleben, ist es wichtiger denn je, dass wir uns zusammentun, connecten und zusammen etwas schaffen. Auch wenn es sich vielleicht anfühlt, als wenn wir nichts schaffen könnten, schaffen wir schon ganz viel. Gerade das Gefühl, die Städte bunter zu machen durch diese ganzen Veranstaltungen.

STROBO: Wo soll es mit FLINTASY noch hingehen?
Larissa: Zu was FLINTASY noch so imstande ist, beziehungsweise was für Wünsche wir haben, ist gerade eher so eine Frage von Kapazitäten. Wir hatten anfangs mal große Träume, Träume von einem eigenen Raum, dem weiterführen des Magazins und mehr Veranstaltungen. Und dann kommt die Realität manchmal so ein bisschen ins Spiel.
STROBO: Welche Herausforderungen birgt die Kulturszene gerade?
Larissa: Auf jeden Fall die Kapazitäten: Da rede ich nicht nur von FLINTASY – ich glaube, das erleben ganz viele Menschen, die in der Kulturszene aktiv sind, dass man sehr schnell ausgebrannt ist. Und da muss man wirklich auf sich aufpassen. Wir haben alle ganz tolle Visionen und ganz tolle Ideen aber das kann alles auch sehr anstrengend sein.


STROBO: Was fehlt euch konkret für eure Arbeit im Kollektiv?
Elena: Niedrigschwellige Treffpunkte und offene Begegnungsorte. Viele Strukturen sind elitär und Leerstände gehen oft an die, die schon sichtbar sind. Das erschwert es, subkulturelle Visionen umzusetzen. Wir brauchen mehr frei bespielbare Orte und unkomplizierte Zugänge seitens der Stadt.
Emmi: Und uns fehlen auch Menschen. FLINTA*-Personen, die Bock haben, dem Kollektiv zu joinen und Motivation haben, im Ruhrgebiet aktiv und kreativ zu handeln.

STROBO: Wo und wie kann man denn in der nächsten Zeit noch was von euch hören oder auch mitmachen?
Larissa: Also erstmal geht ja unsere Workshop-Reihe noch weiter. Am Samstag und Sonntag, 25. und 26. Oktober, wird ein Fotografie Workshop und am 08.11 ein Lap Dance Workshop für FLINTA* stattfinden.
Emmi: Und bald haben wir durch das Makroscope Mülheim die Möglichkeit, bei einem Radioprojekt mitzuwirken und dort zu streamen! Dort wollen wir unsere Stimmen auch nochmal erheben und unsere Perspektiven teilen. Da können sich sowohl bekannte als auch neue Kollektiv-Mitglieder mit ihren Visionen gern einbringen.
Larissa: Und wir sind im November mit euch zusammen auf dem Kontaktfeld–Festival, da freuen wir uns natürlich auch drauf! Ab nächstem Jahr werden wir regelmäßige Creative Community Abende in unserer Stammbar haben, bei denen wir zusammenkommen, neue Menschen kennenlernen, quatschen und uns nebenbei kreativ beschäftigen.
Bock auf mehr STROBO? Lest hier: Next Gen Politik im Ruhrgebiet, Habibi! – „Ruhrpott für Europa“ im STROBO-Interview

