Vom 04. bis zum 10. November dreht sich im Duisburger Filmforum alles um den Dokumentarfilm. Zum 48ten mal zieht die Duisburger Filmwoche ein nationales und internationales Publikum ins Ruhrgebiet. Das Filmfestival zeigt ein breites, unsortiertes Themenspektrum. STROBO hat sich mit Festivalleitung Alexander Scholz getroffen und gibt Einblicke, was Euch in Duisburg erwartet.
Die Duisburger Filmwoche ist das Festival des zeitgenössischen Dokumentarfilms. Aus unfassbaren sechshundert eingereichten Dokumentarfilmen hat eine Jury einundzwanzig Filme für das Festival ausgewählt. Neben den eigentlichen Filmvorstellungen sind in Duisburg seit jeher die anschließenden Diskussionen von großer Bedeutung. Hier werden Formen und Inhalte der Filme von der Jury und – ganz wichtig – dem Publikum ausgiebig besprochen. Am Ende des Festivals küren ARTE, 3Sat und Co zusätzlich die Gewinner:innen hoch dotiertet Dokumentarfilmpreise. Anschließend wird gefeiert. Ein cooler Bonus: Die Eintrittspreise sind echt moderat. Für akkreditierte Studis ist das Festival sogar kostenlos. Mit günstigen Eintrittspreisen und vielfältigen Themen lockt das Festival damit nicht nur ein Fachpublikum nach Duisburg!

Entferntes Sortieren
Unter dem ambigen Motto „Entferntes Sortieren“ geht die Duisburger Filmwoche in dieser 48ten Ausgabe an den Start. Das Motto schränkt die Auswahl der Filme nicht ein. Ganz im Gegenteil: Es geht darum, eine bestimmte Sortierung zu entfernen. Die Auswahl der einundzwanzig Filme zeigt Geschichten am Hamburger Bahnhofsviertel (HAUBI) bis hin zu einer Coming-out Story in China (Ó mâ). Auch ein Film über russische Straßenhunde (Dreaming Dogs) wird gezeigt. Produziert in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, nehmen die Dokumentarfilme die Zuschauer:innen mit nach Kiew, Washington und Co. Verschiedentlich spielen in den Filmen Fluchterfahrungen eine Rolle. Diesbezüglich kann unter dem diesjährigen Motto ebenfalls dazu angeregt werden entfernte Lebensrealitäten zu sortieren. Die Dokumentarfilme versprechen, mit uns zu reisen. Sie nehmen uns in oft ungemütliche Welten mit, die sich von unserer meist wohltemperierten Alltagserfahrung entfernen. Keineswegs sind sie dabei ausschließlich trostlos, sondern öffnen unseren Blick für Lebenswelten, die aus verschiedenen Gründen unnahbar sind.

Szenen einer Wirklichkeit
Natürlich bildet der Dokumentarfilm nicht die eine Realität als solche ab. Vielmehr ist dem künstlerischen Genre die Tatsache einer bedeutungsvollen subjektiven Perspektive eingeschrieben. Die Filme nähern sich der Wirklichkeit ohne Objektivitätsansprüche. Und doch sind die Beiträge gut recherchiert und nehmen gesellschaftspolitische Themen in den Blick.
„Was erzählen uns die Dinge, wenn man der Kamera zeit gibt?“, fragt Alexander Scholz mit Blick auf die Form vieler Filme. In Duisburg kommen auf diese Weise die großen politischen, aber auch kleinen familiären Fragen und Geschichten auf den Tisch.
Avantgardismus trifft Tradition
Die inszenatorischen Mittel des Dokumentarfilmens sind mindestens so vielfältig wie die Inhalte, die auf dem Festival gezeigt werden. Die Filmemacher:innen bedienen sich unterschiedlichster Techniken, um die Realität auf eine bestimmte Weise in Szene zu setzen. In diesem Jahr widmet sich die Filmwoche in einem historischen Slot dem beobachtenden Dokumentarfilm. Dienstag- und Mittwochabend werden Filme gezeigt, bei denen die Regie des beobachtenden Dokumentarfilmens erprobt wurde. Damit schafft das Festival ein historisches Bewusstsein für spannende Techniken, die heute aus der Mode zu kommen scheinen.

Die Duisburger Filmwoche ist alljährlich der Anlaufpunkt für junge Filmemacher:innen. Was mich ganz besonders begeistert: Zwei der gezeigten Filme stammen von Regisseur:innen, die in ihrer künstlerischen Findungs- und Erprobungsphase Besucher:innen der Duisburger Filmwoche waren. Im November werden ihre Filme nun selbst auf der Kinoleinwand zu sehen sein.
Das vielfältige Programm macht die Empfehlung vereinzelter Filme wirklich schwer. Am besten ihr schaut selbst hier auf der Seite des Festivals vorbei und stattet dem Duisburger Filmforum einen Besuch ab.
Bock auf mehr STROBO? Lest hier: Warum die Ausstellung „Landscapes of an Ongoing Past” einen Besuch wert ist.