„Ich fand diese Antworten zwar emotional befriedigender, aber rational konnte ich damit nichts anfangen“ – Regisseur und Videoproduzent Moritz Terwesten im Porträt

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Inmitten der Landeshauptstadt Düsseldorf, in einer ruhigen Seitenstraße, versteckt sich in einem Hinterhof das Büro der Videoagentur von Moritz Terwesten – hier lädt er ein zu Kaffee und Gespräch. Der Philosophiestudent, Videoproduzent und neuerdings auch Regisseur für den Dokumentarfilm Sterben ohne Gott ist ein herzlicher junger Mann, der unseren STROBO-Autor David Lindner mit offenen Armen empfängt.

An einem aus Kallax-Regalen und Brettern zusammengeschusterten Tisch erzählt Moritz bei schwarzem Kaffee, wie es ihn in die Philosophie gezogen hat, er seine Leidenschaft für das Drehen von Videos entdeckt hat, die Idee aufkam, einen Dokumentarfilm zu produzieren und welche Herausforderungen es mit sich bringt, komplexe Fragen der Menschheit herunterzubrechen und in die Kunstform des Films zu pressen.

„Ich wollte ursprünglich Kunst studieren“

Wie so viele auch, stellt der fertige Schulabschluss den gebürtigen Düsseldorfer vor die Herausforderung, wie es mit seinem Leben weitergehen soll. „Ich wollte ursprünglich Kunst studieren“, erzählt Moritz, aber es ist auch die Kunst, die ihm einen anderen Weg aufzeigt. Ein Theaterstück über Nietzsches Werk Die Geburt der Tragödie imponiert dem Regisseur so sehr, dass er seiner Schwäche für philosophische Auseinandersetzungen nachgibt und sich grundsätzlich für die Philosophie entscheidet. So zieht es Moritz also an die Ruhr-Universität Bochum anstelle der Kunstakademie Düsseldorf.

Moritz hat in Bochum studiert. Foto: Lennart Neuhaus.

Inspiriert durch ein Kurzfilmprojekt mit Freunden macht Moritz sich früh selbstständig als Videoproduzent und dreht Showreels für Schauspieler*innen. Wenig später werden aus Showreels Werbevideos für Unternehmen – der Fuß ist in der Tür. Und es geht weiter.

„Ich hatte dann Lust, mich filmisch mit dem Thema auseinanderzusetzen.“ 

Vor etwa 5 Jahren kommt eine richtungsweisende Auseinandersetzung mit einem Werk des Anthropologen Ernest Becker: „Seine Ansichten zum Thema Tod und Sterben haben für mich insofern auf einen Resonanzraum getroffen, als dass ich das Gefühl hatte: okay, der beleuchtet das nochmal von einer ehrlicheren Perspektive“, erklärt Moritz. In ihm kam das Gefühl auf, dass in dem Thema Tod und Sterben viel Potenzial für künstlerische Auseinandersetzungen schlummerte und auch sein Interesse „mit den Leuten zu reden, die Philosophen, die Wissenschaftler, die ich zu dem Zeitpunkt gelesen habe, auch einfach kennenzulernen“ wuchs, „ich hatte dann Lust mich filmisch mit dem Thema auseinanderzusetzen“, schwärmt der Regisseur.

Sterben ohne Gott erscheint im März. Foto: Sterben ohne Gott.

Und so kam das eine zum anderen. Über Jahre hinweg lag das Filmprojekt Sterben ohne Gott auf dem Schreibtisch. Mal liegengelassen und an anderer Stelle wieder mit Leidenschaft aufgenommen, erscheint der Dokumentarfilm am 13.03. im Kino. Der Weg dahin war ein langer mit ungekannten Herausforderungen. „Wir hatten ja gar keine Ahnung in der Form“, erzählt Moritz, „die größte Herausforderung am Projekt war wahrscheinlich die Finanzierung, weil das Projekt selbstfinanziert ist“ und auch die Logistik war nicht immer leicht, wie Moritz zugibt, denn neben dem Filmprojekt bauen er und sein Team auch die Werbeagentur auf und die Drehorte liegen nicht zwingend vor der Haustür. „Wir haben an vielen Locations gedreht, die im Ruhrgebiet sind“, aber auch Szenen in Toronto und New York werden zu sehen sein.

Die Idee zum Film kam ursprünglich durch ein Werk von Ernest Becker. Foto: Lennart Neuhaus.

„Würde jemand, der sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt hat, das sofort checken?“

Moritz ist kein gläubiger Mensch. Er differenziert zwar nochmal zwischen dem Atheismus und dem Agnostizismus, glaubt aber nicht daran, im Gegensatz zum Agnostizismus, dass es einen Gott gibt. „Ich würde mich schon als Atheisten bezeichnen“, beantwortet der gebürtige Düsseldorfer die Glaubensfrage. In seiner Kindheit und frühen Jugend hat er sich zwar immer wieder im Christentum gefunden, „ich fand diese Antworten zwar emotional befriedigender, aber rational konnte ich damit nichts anfangen“, führt er weiter aus. Es sind und bleiben komplexe Themen, die Fragen nach Gott und dem Tod, die Moritz aber umso mehr faszinieren. Und ob er es schafft, das Thema Sterben ohne Gott in 90 Minuten zu erzählen, dem Ganzen einen Rahmen zu geben und verschiedene Perspektiven zu beleuchten, bleibt abzuwarten, denn „dann bestand auch die Herausforderung, würde jemand, der sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt hat das sofort checken?“, erklärt der Regisseur.

Teile von Sterben ohne Gott wurden in New York gedreht. Foto: Sterben ohne Gott.

Und wie geht es weiter? Die Premiere seines ersten Dokumentarfilms sieht Moritz nur als Zwischenschritt, denn ein zweiter Film ist nicht nur in Planung, sondern soll Ende dieses Jahres schon in den Kinos laufen – und das, obwohl die erste Premiere noch nicht gefeiert ist. Diese findet am 15.03. im UFA-Palast in Düsseldorf statt. Letzte verbleibende Tickets sind noch erhältlich hier.

Mein Schlusswort gehört Moritz Terwesten:

Jeder, der sich mit der Frage, wie er mit dem eigenen Tod umgehen soll oder dem Tod von Angehörigen, der wird unabhängig von seinem Weltbild, ob er religiös ist oder nicht, einen völlig neuen Zugang durch den Film Sterben ohne Gott erlangen können, dadurch dass die Frage der Wahrheit auf eine ganz andere Art und Weise beleuchtet wird und das macht Spaß zu schauen, hat vielleicht teilweise einen bitteren Nachgeschmack, aber das, und das wünscht sich jeder Regisseur, ist die Chance im Film, wirklich als anderer Mensch herauszukommen.

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