„Ich habe meine Lieblingsband buchen können!“ – Das Veranstaltungskollektiv KONTAKTFELD im Porträt

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Das Essener Veranstaltungskollektiv KONTAKTFELD holt seit geraumer Zeit alternative Artists für Konzerte ins Ruhrgebiet und bereichert so die Kunst- und Kulturszene der Region. STROBO-Autor John hat sich mit den Dreien getroffen und über ihre Motivation, Vernetzung im Ruhrgebiet und ihre Pläne für die Zukunft geredet.

Lesedauer: 5 Minuten

Wer in letzter Zeit in Essen und Umgebung auf alternativen Konzerten war, war mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einem von KONTAKTFELD präsentierten Konzert: Unter anderem holten sie Die Verlierer, Kleptos, die britische Band Famous und Donkey Kid in die Zeche Carl, den Goethebunker und den Schlegel Club. Während das Ruhrgebiet mit seiner Größe, exzellenten Locations und coolen Veranstalter*innen schon so einiges zu bieten hat, vertritt KONTAKTFELD einen spannenden Ansatz: Da geht noch mehr.

KONTAKTFELD: Vom Herzensprojekt zum Trio mit Drive

KONTAKTFELD, das sind Robert Schulz, Max Finke und Micha Leniart. Max und Micha kennen sich bereits seit einigen Jahren und arbeiteten unter anderem im Kontext vom Gitter-Kollektiv bereits länger zusammen. Für beide startete KONTAKTFELD Ende 2019 als Herzensprojekt im „Mini-Kollektiv“, mit dem sie ihre Lieblingsbands ins Ruhrgebiet holen wollen. Max sagt dazu: „Wir hatten schnell den Claim, dass wir Brücken zwischen Sub- und Hochkultur schlagen wollten.“ Dabei bildete die bisherige Veranstaltertätigkeit von Max ein Fundament und April 2020 sollte dann das erste von ihnen veranstaltete Konzert stattfinden, aber Corona machte ihnen – wie bekanntlich der gesamten Kulturszene Deutschlands – einen Strich durch die Rechnung.

Post-Corona veranstalteten KONTAKTFELD dann einige Events in Essen, immer im Einklang mit den damaligen Vorgaben und mit dem für die Mitglieder wichtigen DIY-Gedanken. „Erst hatten wir mit Die Sauna die allererste Band im Garten der Zeche Carl, 50 Leute an Stehtischen. Kurz danach hatten wir dann in einer mittlerweile nicht mehr existierenden Lagerhalle ein weiteres Konzert veranstaltet. Da haben wir alles selber gemacht: selbst eine Bühne gebaut, Technik hingekarrt und Backstage hergerichtet. Das war vollkommen DIY und hat den Leuten richtig gefallen.“, erzählt Max von den Erlebnissen im Sommer 2021. Aufgrund persönlicher anderer Verpflichtungen veranstaltet KONTAKTFELD als Duo in den Folgejahren eher weniger Konzerte. Dabei arbeiteten sie auch mit dem Museum Folkwang zusammen, wo sie unter anderem mit Robert vom Jungen Kunstring Folkwang zusammenarbeiteten. Sie verstanden sich mit ihm auf Anhieb und so stieg Robert 2024 bei KONTAKTFELD ein. „Mit Robert kam ein neuer Drive rein“, wie Micha sagt und Max ergänzt: „Robert hat es wirklich belebt. Ohne ihn hätte ich kein Interesse daran gehabt, das so aufleben zu lassen.“ So organisieren sie zu dritt mehr Konzerte als vorher.

KONTAKTFELD von links nach rechts: Robert, Micha und Max. Foto: Lennart Neuhaus.

„Ich habe meine Lieblingsband buchen können!“

Während Max ursprünglich aus dem Reggae/HipHop-Bereich kommt und Micha im psychedelischen Rockbereich verwurzelt ist, ergänzt Robert die Interessen vorrangig um Post-Punk. Und so schaffte Robert es, die britische Band Famous buchen zu können. „Ich habe einfach meine Lieblingsband buchen können!“, kommentiert Robert das Konzert Anfang des Jahres lachend und führt weiter aus: „Wir versuchen immer Musik zu präsentieren, die wir und unsere Freund*innen feiern.“ Max führt weiter aus: „Ich würde auch sagen, dass wir alle Musik mögen, die Trance und Rausch an den Start bringt, was unser Booking beeinflusst.“, und fügt eine weitere Grundmotivation an: „Wir haben da natürlich nichts gegen, aber es müssen nicht immer sehr teure Tickets von Popstars gekauft werden. Man kann stattdessen auch sechs Tickets für geile Clubshows kaufen. Wir haben im Ruhrgebiet einen sehr großen Kreativmarkt, der mit kreativen Nachwuchs und kreativen Experimenten versorgt werden sollte. Das wollen wir fördern und sollte auch mehr gefördert werden.“

2024 schafften es KONTAKTFELD auch, einiges an Technik und Equipment zu kaufen. „Wenn wir weitere Konzerte in abgelegenen Lagerhallen veranstalten, ist es besser, sich nicht teuer die Technik anmieten zu müssen“, sagt Max dazu. Und da dem Kollektiv auch politisches Engagement am Herzen liegt, können sie die Technik auch diversen Bündnissen zur Verfügung stellen. So arbeiten sie unter anderem mit dem Bündnis „Essen stellt sich quer“ als Partner zusammen und stellen auf deren Demos das angeschaffte Equipment und buchen Artists. „Wir wollen, und müssen, uns klar politisch positionieren: gegen aufstrebenden Faschismus und rechte Parteien,“ sagen KONTAKTFELD zu ihrer Motivation hinter dem Bündnispartner.

KONTAKTFELD will das Ruhrgebiet vernetzen. Foto: Lennart Neuhaus.

KONTAKTFELD: Mit Essen als Base das Ruhrgebiet vernetzen

KONTAKTFELD konzentrieren sich bei ihren Veranstaltungen nicht nur auf Essen, sondern haben dabei das ganze Ruhrgebiet im Blick: Ende Februar war Donkey Kid im Bochumer Schlegel-Club, Steintor Herrenchor spielen am 11. April in der Bochumer Trompete und Burnout Ostwest im Druckluft in Oberhausen. „Das Ruhrgebiet ist ein riesiges Einzugsgebiet, was uns sehr gefällt. Obwohl wir den Fokus bisher klar auf Essen hatten, kamen unsere Gäst*innen zu großen Teilen auch aus dem Rest des Ruhrgebiets. Daher betrachten wir Essen mittlerweile in erster Linie als unsere Base, aus der heraus wir operieren und machen auch sehr gerne was in anderen Städten,“ kommentiert Max ihren Bezug zum Ruhrgebiet. „Ich liebe das Ruhrgebiet, aber ist auch eine Hate-Love-Reletionship. Es geht zwar mittlerweile mehr, aber hier geht vor allem städteübergreifend echt wenig. Uns ist es aber wichtig, was zu organisieren, wo wir leben. Vor allem in der Nische, die wir bedienen, geht sonst nicht viel. Für alternative Konzerte fährst du oft einfach nach Köln,“ ergänzt Micha den Beitrag um seine Perspektive. Max führt auf einer positiven Note weiter aus: „Ich komme ja aus Berlin und ein riesen Unterschied ist, dass die kreative Szene hier einen wahnsinnig angenehmeren Kooperationsstil an den Tag legt und die Leute große Lust haben, was gemeinsam auf die Beine zu stellen. Und dann gibt es ja noch super soziokulturelle Zentren, wie die Zeche Carl, den Bahnhof Langendreer und das Druckluft, mit denen wir immer im guten Austausch sind. “ Einen verbindenden Charakter für das Ruhrgebiet, wie KONTAKTFELD ihn selbst anstreben, erkennt Max auch beim viele Projekte im Ruhrgebiet fördernden Regionalverband Ruhr: „Während Städte in ihren kommunalen Strukturen in Konkurrenz miteinander stellen, hebt der Regionalverband Ruhr den für uns wichtigen Gedanken der Metropolregion Ruhr hervor und fördert so aktiv eine Vernetzung der Städte und Communities. „

Die Drei versprechen: Da kommt noch mehr. Foto: Lennart Neuhaus.

Die Zukunft von KONTAKTFELD: Viele Pläne und Konzerte

KONTAKTFELD hat in den nächsten Monaten noch einiges geplant und kann einiges präsentieren: Ein eigene Webseite soll in der nächsten Zeit gelauncht werden, inklusive eines eigenen Ticketsystems. Ein weiterer Plan ist es, KONTAKTFELD in eine gemeinnützige GmbH überzuführen. „Wir wollen den Fokus unseres Kollektivs stärker auf die Gemeinnützigkeit setzen, sowohl intern als auch extern.“, erzählen sie. Allen voran sind aber natürlich weitere von KONTAKTFELD präsentierten Konzerte geplant: Am 11.04. spielt Steintor Herrenchor in der Trompete in Bochum, am 30.04. Burnout Ostwest im Oberhausener Druckluft und am 19.05. Hachiku im Grillo Theater Essen. Auch soll am 22. November ein KONTAKTFELD-Festival in Bochum stattfinden. Robert erzählt, dass das Festival ein Tag werden soll, an dem verschiedene lokale Akteur*innen (auch STROBO) beteiligt sind und auf zwei Bühnen verschiedene Bands auftreten. Das Line-Up und weitere Infos folgen in den nächsten Wochen. Tickets für die Konzerte und das Festival könnt ihr (bis zum Webseitenlaunch) hier kaufen.

Wenn ihr also in den nächsten Wochen Bock auf ein Konzert habt, guckt mal bei KONTAKTFELD, den erwähnten Locations, anderen Kollektiven aus dem Ruhrgebiet oder unserem monatlichen Eventkalender vorbei und geht auf ein Konzert. Und noch ein Appell von Micha am Ende: „Wir haben bei unserem letzten Konzert die ganze Zeit überlegt, ob wir es absagen, weil die Ticketverkäufe so niedrig waren. Die Bude war aber trotzdem voll. Wir sagen daher: Kauft eure Tickets früh, dann können alle Beteiligten besser planen!“

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