In Dortmund-Hörde eröffnet am 10. Oktober ein neuer Ort für Subkultur: Die Krähe. Warum es das Projekt gibt und was geplant ist – STROBO-Autorin Merle Sophie Rickers war auf der Baustelle und hat das Team getroffen.
Lesedauer: 4 MinutenDer Raum in Dortmund-Hörde ist schlicht gehalten – weiße Wände, weiße Decke, ein schwarzer Bühnenbereich. Es riecht nach Farbe, der Boden wurde gestern frisch lackiert. Noch ist der Raum leer. Auf der linken Seite soll die Bühne stehen, geradeaus ein kleiner Tresen, Stühle wird es erstmal keine geben. Wenige Tage noch bis zur Eröffnung. Dann soll hier in der Krähe zu Musik von Dortmunder Künstler*innen getanzt werden.
Raum schaffen für die Künstler*innenszene und füreinander
Die monotone Gestaltung ist eine bewusste Entscheidung. „So können wir das je nach Veranstaltung komplett umgestalten“, sagt Birk. Zusammen mit seinem Kumpel Oskar hatte er die Idee für die Krähe. Der Kulturort soll vielfältig genutzt werden. Neben Musikveranstaltungen sind Ausstellungen und Workshops geplant. „Hier in Hörde und in Dortmund generell gibt es eine große Künstler*innenszene, die im kleinen Rahmen nicht so viele Räume hat“, meint Birk. Besonders lokale und kleinere Künstler*innen würden kaum Orte und Möglichkeiten für Auftritte haben. Er ist selbst Musiker und wollte das mit der Krähe ändern. Der Raum soll ein Ort für Zusammenkunft werden.

Dabei sind alle willkommen, die sich an bestimmte Werte halten: Wichtig seien zum Beispiel die Rechte queerer Menschen und das Thema Awareness, meint Kathi – Mitglied der aktuellen Kerngruppe der Krähe. Aktuell sind sie noch zu zehnt, möchten aber noch mehr Leute insbesondere auch mehr FLINTA*-Personen dazugewinnen. Ein Querschnitt aus Musiker*innen, Kulturschaffenden und aktivistischen Menschen, so beschreibt das Team ihre eigene Bubble. Mit der Krähe wollen sie aber nicht nur die erreichen, auch die Nachbarschaft soll mit eingebunden werden. „Also man ist hier schon in einem sozialen Brennpunkt, gerade auf dieser Seite von den Gleisen. Deswegen gucken wir halt auch, dass wir so inklusiv wie möglich agieren“, sagt Birk. Sie wollen Brücken schlagen zwischen verschiedenen Gruppen von Menschen. „Diese wieder zusammenzubringen, in den Zeiten, in denen wir gerade leben, wäre wirklich toll“, fügt Kathi hinzu.
Es selbst in die Hand nehmen
Wenn Birk, Oskar und die anderen die letzten Wochen gestrichen und gewerkelt haben, hatten sie immer alle Fenster auf, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. „Wir sprechen irgendwie regelmäßig mit Leuten, die sich dann darüber freuen, dass hier wieder was passiert und so“, erzählt Birk. Er ist in der Nähe aufgewachsen, und seiner Mutter gehört die Musikschule über der Krähe, schon als Kind war er häufig hier und kennt sich im Haus aus. Davor war im Erdgeschoss der Schildstraße 1 eine Kneipe. Als der Besitzer ankündigt, dass er aufhört, war unsicher, was mit der Fläche passiert. Birk und Oskar war klar – das ist ihre Chance. „Wenn man es nicht selbst macht, dann passiert halt nichts“, sagt Birk.
Und der Bedarf nach einem solchen Ort für Subkultur ist da, das merkt das Team der Krähe an den Reaktionen der letzten Wochen. Auf Instagram haben sie bereits 2.000 Follower*innen. Kathi ist schon lange in der Dortmunder Kulturszene unterwegs und weiß, dass es ein Privileg ist, einen Raum zur Verfügung zu haben. Als Teammitglied vom Rekorder in der Dortmunder Nordstadt ist Kathi dabei, als dieser Anfang 2024 nach einer Kündigung durch den Vermieter schließen muss, das Haus wurde abgerissen: „Ich habe schon einen Ort verloren, ich weiß nicht, ob wir den zweiten Ort halten können. Das ist nicht einfach.“. Dass die Resonanz bisher so gut ist, stimmt Birk und Kathi positiv.
Ein langer Prozess und viel Zeit
Dafür, dass das Projekt umgesetzt werden kann, haben alle viel Zeit investiert. Förderanträge stellen, einen Verein gründen und den Raum eigenständig renovieren – das alles gehörte auf dem Weg dazu. „Oskar und ich waren die letzten Wochen eigentlich 24/7 hier“, erzählt Birk. Dass die beiden als Musiker häufig am Wochenende oder abends arbeiten, kam den beiden dabei zugute. Trotzdem seien die beiden zwischenzeitlich an ihre Grenzen gekommen. „Wenn die Eröffnung durch ist, machen die beiden erst mal Urlaub“, sagt Kathi und lacht. Aus der Zeit beim Rekorder weiß Kathi, wie schnell in der Szene die Gefahr besteht auszubrennen.
Warum dann mit der Krähe einen neuen Versuch wagen? „Ich habe Hoffnung, dass noch etwas möglich ist in der Kunst- und Kulturwelt in Dortmund, weil je weniger es hier gibt, desto weniger Menschen bleiben auch hier“, sagt Kathi. Weggehen sei keine Lösung, denn in größeren Städten würden die gleichen Probleme herrschen, sie seien nur häufiger weniger sichtbar. Die Krähe finanziert sich über Spenden- und Fördergelder wie die des Programms Dortmund.Macht.Lauter des Kulturbüros Dortmund. Kathi wünscht sich aber noch mehr Unterstützung und Möglichkeiten vonseiten der Politik.

Eröffnung mit Dortmunder LineUp
Am 10. Oktober um 18:30 Uhr öffnet der Krähe-Klub zum ersten Mal seine Türen. Wo aktuell noch Farbeimer und Sperrmüllreste stehen, soll dann ein Konzert von Musiker*innen aus der Dortmunder Szene stattfinden. Mit dabei sind die Band ORT mit Doom-Sounds, die Band Call me Mary Music, die in eine punkige Richtung geht und Isla Ola mit “Nebelwave” – wie sie ihre Musikrichtung beschreiben.
Viel Verschiedenes also oder wie Kathi es zusammenfasst: „Es wird leise und laut.“ Auch über den 10. Oktober hinaus: Musikalisch ist der Klub für alle Genres offen. „Punk, Hip-Hop, Metal, Rock, bestimmt auch mal Pop, dann Jazz. Also da wird auf jeden Fall alles gehen“, sagt Oskar. Sie alle sind gespannt, wie groß die erste Veranstaltung wird. Und positiv gestimmt, dass bis dahin auch der Baustellencharakter verschwunden ist.
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