„Ich mag dieses atzige vom Ruhrpott” – Rapperin Marnele im Portrait

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Die Bochumer Rapperin Marnele schreibt leidenschaftlich gerne Gedichte. Zunächst um ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen, jetzt auch für ihre eigene Musik. Dabei spielen ihr Umfeld und der Ruhrpott immer irgendwo eine Rolle. Aber wer ist die neue Rapperin aus Bochum überhaupt? Worum geht es in ihrer Musik und was treibt sie an? STROBO-Autor David Lindner hat sie kennengelernt.

Am anderen Ende der Leitung lächelt mich eine junge Frau an. Das ist also das Gesicht hinter dem jüngsten Erfolg der Bochumer Rapperin Marnele. Per Video-Call erzählt sie über ihr Leben, ihre Anfänge in der Musik und wie es jetzt weitergeht, wie sehr sie den Ruhrpott liebt und wie wichtig ihr soziales Umfeld ist. Marnele präsentiert sich als selbstbewusste junge Frau, die authentisch ist und für das lebt, was ihr gefällt.

Nach der Schule war es keine Option Bochum zu verlassen, allen voran wegen der Corona-Pandemie. Der Lockdown, die rar gesäten Veranstaltungen und Events erschweren das Kennenlernen neuer Menschen. Doch es ist nicht nur die soziale Vernetzung die Marnele hier hält, sondern auch der Ruhrpott-Charme.  Und im Vergleich zu anderen Städten bleibt der Ruhrpott durch seine Menschen authentisch: “Ich mag irgendwie so voll dieses atzige vom Ruhrpott”, schwärmt die Bochumerin. Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer Schwester ist die Rapperin in Bochum groß geworden und schon immer waren die drei ein “sehr starkes Frauentrio”, lässt Marnele mit Stolz in ihrer Stimme durchklingen.

Marnele wollte nicht raus aus Bochum. Foto: Lennart Neuhaus.

Bereits mit fünf Jahren hat sie angefangen zu tanzen und wurde so nicht nur an die Musik herangeführt, sondern hat auch ihre eigene Verbindung zur Musik entdeckt oder wie sie es beschreibt, “eine tolle Symbiose, ein eigenes Körpergefühl, so verbunden mit der Musik”, also eine Verbindung zur Musik, die die Bochumerin körperlich fühlen und umsetzen kann. Die Musikstile zu denen getanzt wird sind Rap und Hip-Hop. Da überrascht es nicht, dass Rapperin mittlerweile selbst mit ihrer Musik auf der Bühne steht – oder doch?

Irgendwie schon. Denn: In ihrer Freizeit hört sie ganz andere Musik, wie zum Beispiel Greentea Peng, aus dem Genre Neo-Soul oder auch elektronische Musik. 

Gedichte, die zu Lyriks werden

Neben dem Tanzen und der Musik schreibt Marnele Gedichte, in denen sie, ähnlich wie in ihrer Musik, Themen verarbeitet, die sie gerade beschäftigen. Über das Schreiben ist sie auch dazu gekommen, selbst Musik zu machen. Sie hat zwar ein paar Jahre Klarinette gespielt, in die Musik ist die Bochumerin am Ende eher zufällig reingeschlittert.

Ihre Songtexte schreibt sie selbst.
Foto: Lennart Neuhaus.

Nach einem Heartbreak hat sie diesen mit einem Gedicht textlich verarbeitet und in der Badewanne zu Lo-Fi Beats darüber gesprochen. Diesen zufällig entstandenen Song schickte die Rapperin einem Freund, der Beats produziert. Kurz darauf findet sie sich im Tonstudio wieder. Dort produziert die Bochumerin ihren ersten veröffentlichten Song Weinbar. Seitdem geht alles sehr schnell. Nach ihrem ersten Release verändert sich in Marneles Leben nicht so viel. Doch durch die erste EP nimmt die Musik einen immer größeren Platz in ihrem Alltag ein. Das erste Mal live spielen, das erste Mal auf einem Festival auftreten, es ist ein ereignisreiches Jahr mit vielen neuen Erfahrungen, für die Marnele sehr dankbar ist. “Es passiert alles gerade auch sehr im Moment, dass ich voll überwältigt bin von den Sachen und Chancen, die ich irgendwie habe”, schwärmt die Rapperin, “ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt eine Vorstellung davon hatte, weil ich das Gefühl habe, gar nicht so krass immer ein konkretes Ziel oder eine konkrete Vorstellung zu haben”. Es ist ein Charakterzug, der die Bochumerin in vielen Bereichen begleitet, sie lässt die Dinge einfach auf sich zukommen.

“Ich glaube ich bin auf jeden Fall noch auf der Suche, aber ich würde auch gar nicht wollen, dass das aufhört.” – Rapperin Marnele

Im August hat Marnele nach langer Zeit wieder eine Single releast mit dem Namen Egoritt und auch im September ist ein neuer Song erschienen – Spieglein Spieglein, bevor sie dann am Ende des Jahres die nächste EP veröffentlicht. “Ich habe das Gefühl mit den Songs, die ich jetzt mache, eine Ecke für mich gefunden zu haben oder vielleicht nochmal ein bisschen mehr so mein Soundbild gefunden zu haben, in dem ich meine Themen, die mich gerade beschäftigen, gut verpacken kann”, erklärt die Rapperin. Es ist der märchenhafte und mystische Vibe der in ihren bisherigen Songs erkennbar ist und wie die Bochumerin diese auch selbst beschreibt. Es bleibt also abzuwarten, was uns die neue EP bringt, textlich und musikalisch. 

Die Beats lässt die Rapperin weitestgehend produzieren. Sie hat sich zwar selbst darin ausprobiert, möchte es aber bei ihrer Stärke belassen und in ihren Texten zeigen, was sie gerade beschäftigt. Ihre Songs bleiben so also auch immer ein Spiegel ihrer Gedanken und Lebensphase, den sie uns vorhält.

Daran, dass sie ihren Stil mittlerweile gefunden hat, glaubt die Rapperin nicht. “Ich glaube ich bin auf jeden Fall noch auf der Suche, aber ich würde auch gar nicht wollen, dass das aufhört”, so Marnele. Es bleibt also nicht nur für die Fans, sondern auch für die Bochumer Rapperin ein Fragezeichen, wie es mit ihrer jungen Musikkarriere weitergeht, welcher Sound und welche Texte uns in ihren kommenden Songs erwarten und wie ihr erstes Album klingen wird. Denn das ist ein Traum, wie sie verrät, ein Konzeptalbum zu veröffentlichen, also ein Album mit rotem Faden und einer Storyline.

Die neue Single Spieglein Spieglein ist am 27.09. erschienen.

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