Kraftvolle Melodien, ehrliche Texte und energiegeladene Live-Shows: Retown ist eine Indie-Rock-Band aus Oberhausen und zählt zwei Mitglieder: Finn und Tobi. Sie erzählen mit ihrer Musik echte Geschichten mit emotionaler Tiefe. STROBO hat die beiden kennengelernt.
Gibt man „Retown“ bei Google Translate ein, erscheint die Formulierung „zurück in die Stadt“. Eine Übersetzung, die eigentlich ein wenig hinkt. Für die Band, die sich trotzdem für den schwierig übersetzbaren Namen entschieden hat, steht hier eher der Begriff „Umzug“ im Vordergrund. Denn: „Mit meinem Umzug nach Schmachtendorf hat mein Leben angefangen richtig geil zu werden“, erzählt Finn. Schmachtendorf ist übrigens ein Stadtteil von Oberhausen. Und Finn ist übrigens Finn Keidel. Er hat 2022 gemeinsam mit Tobias Hoffmann besagte Band Retown gegründet. Sie machen deutschen Indie-Rock. Ehrlich und von vorne bis hinten selbstgemacht. Nach den ersten veröffentlichten Songs haben sie in diesem Jahr angefangen, Shows in NRW zu spielen. Jetzt steht der Release von drei neuen Singles an.
Finn und Tobi lernen sich in den Bands der Schule kennen. Ihren jetzigen Bassisten lernen sie in der Bigband kennen und gründen eine Coverband. Finn wird schon als kleines Kind musikalisch geprägt: „Mein Vater ist studierter Jazz-Saxofonist und hat immer im Haus rumgeträllert.“ Mit sechs haben Finns Eltern ihn zum Schlagzeug-Unterricht geschickt. Er ist dankbar, schon früh ein Instrument gelernt zu haben. „Wenn man immer was hat, was man verfolgen kann und wo man irgendwann gut drin ist, dann gibt das einem Selbstvertrauen, auch wenn man die Schule wechselt und kein Schwein kennt“, erzählt er lachend. Finn ist aber nicht nur Drummer, sondern auch Sänger der Band. Das Singen gibt ihm ein Gefühl von Freiheit. Verletzlich und quasi nackt vor Menschen zu stehen, die einem zuhören ist für ihn immer ein erfüllender Moment: „Es ist es so ein richtig mutiger Moment, wenn man singt und das macht mich glücklich.“
Retown: Das Studio im Kinderzimmer
Nach der Schule fassen die beiden den Entschluss, endlich ganz eigene Musik zu machen. „Irgendwann hab ich die Faulheit besiegt und mich doch mal länger damit beschäftigt. Ich bin dann mit der Strophe zu Finny gekommen.“ Finn wohnt im Obergeschoss im Haus seiner Eltern. Die Wohnung in Schmachtendorf, einem Stadtteil von Oberhausen, wurde zur Probenwohnung für die Band.
Tobi, der Gitarrist der Band hat seinen eigenen musikalischen Background. In der Schule fängt er an E-Gitarre zu spielen und entdeckt seine Leidenschaft für die Musik. Nicht nur dadurch haben die beiden heute eine klare Aufgabenverteilung: Tobi kümmert sich um die Musik, die Arrangements, den Sound. Finn schreibt die Texte. Mit dem ersten Song „Fahr zu dir“ hat sich Tobi das Produzieren komplett selbst beigebracht. Aufnehmen, mixen, mastern. „Ich hab mich total weiterentwickelt und einfach auch neue Dinge ausprobiert“, erzählt Tobi. Doch nicht nur die Musik, sondern auch Finns Gesang hat sich in den letzten Jahren verändert. Das liegt natürlich auch an der hinzu gewonnenen Routine.

Band Retown: Keine Lust mehr auf Liebeskummer
Finn erinnert sich an das Ausarbeiten des Songtextes für „Fahr zu dir“, in dem es um Liebeskummer geht: „Du hattest am Anfang voll das Problem damit, wenn ich zu viel von mir in die Songs reingegeben hab und die zu traurig geworden sind.“ Heute ist Finn erleichtert, dass Tobi ihn gebremst hat. Man dürfe sich mit der Kunst auch nicht zu viel selbst therapieren. Eine neue Devise der Band ist daher, Themen abseits der Pop Lieblingsthemen zu finden. Weniger Heartbreak, weniger Selbstmitleid. Es gebe eben mehr zu erzählen.
Im unveröffentlichten Song „Futur Null“ singt Finn über die Sorge davor, später so zu enden wie Menschen aus älteren Generationen. „Den hab ich mit dem Konzept geschrieben, wie manche ältere Leute in meinen Augen so bisschen ihr Leben verkackt haben“, berichtet er. Neben „Futur Null“ wollen Retown bald zwei weitere Songs releasen. Sich konstant um Releases zu kümmern, kann aber ganz schön kompliziert sein. Vor allem, wenn man neben der Musik angefangen hat zu studieren. Tobi würde sich wünschen, Marketing ohne Social Media betreiben zu können. „Ich wollte in Ruhe Musik machen und dann muss ich Tiktoks drehen! Eine Frechheit mittlerweile“, beschwert er sich: „Wir merken aber schon, wie voll die Shows werden, je nachdem wie viel Werbung wir vorher gemacht hat.“
Der Pott bietet gute Chancen für Newcomer-Bands
Für eine größere Sichtbarkeit treten Retown immer wieder im Ruhrgebiet auf. Tobi ist von der Gegend begeistert:„Ich hab das Gefühl die Szene hier ist wie so ne große Familie. Unter den Musikern findest du wirklich schnell ne Connection.“ Gerade für Newcomer-Bands sieht auch Finn im Ruhrgebiet viel Potential. „Wir sind ein total dicht besiedeltes Gebiet und ich glaube, das ist mega hilfreich. Es gibt auch noch relativ viele Clubs, die Bock auf junge Bands haben und fragen, ob man bei ihnen spielen will“, erzählen die beiden.

Im Februar hatten Retown ihren ersten Gig. Zusammen mit einem anderen Musiker haben sie das „Klangteppich-Festival“ mit drei Acts organisiert. Die Show war schnell ausverkauft. „Da haben wir gemerkt, dass wir das nochmal und größer machen wollen“, erzählen sie. Und wenn die Jungs von Retown eine Idee haben, kann man sicher sein, dass sie früher oder später Realität wird. Im Januar wird das Festival zum zweiten Mal stattfinden. Mit zwei Bühnen und mindestens sieben Acts. Nochmal und größer eben.
Bock auf mehr STROBO? Lest hier: Stina Holmquist im Porträt.