Die Bochumer Band The Honeyclub macht Rock’n’Roll-Musik, die zum Zeitgeist passt. Im Interview erklärt Sänger Lukas Schwermann, wer ihre Musik inspiriert, was uns auf ihrer neuen EP „Imagine Life“ erwarten wird und wieso die Rock’n’Roll-Szene im Ruhrgebiet muffig ist.
STROBO: Lukas, du hast mit The Honeyclub zuletzt die neue Single „Getting Used To It“ veröffentlicht. An was kannst du dich nach drei Jahren Bandleben mit The Honeyclub noch immer nicht gewöhnen?
Lukas: Die Band ist so eng verbunden mit meinem Leben, dass es da gar keine Trennung gibt – es gibt also nichts, woran ich mich mittlerweile nicht gewöhnt hätte. Ich bin aber nicht in dem Sinne an das Bandleben gewöhnt, als dass ich es nicht extrem aufregend finde. Es langweilt mich nicht, hat aber einen festen Platz in meinem Leben. Vielleicht kann man eher sagen, dass ich mich darin eingelebt habe.
STROBO: Euer Sound kommt dabei aus dem Rock’n’Roll. Welche Künstler:innen inspirieren euch?
Lukas: Wir haben früher in einer Coverband gespielt und sind mit immer mit Künstlern wie den Stones oder den Beatles in Berührung gewesen. Mir ist das in dem Sinne in die DNA gedrückt. Wir wollen uns aber nicht in eine Sparte stecken lassen. Mein Anspruch ist ein ganz anderer: Worum es bei Beeinflussungen geht, ist, was sich Künstler:innen bei ihrer Musik gedacht haben, nicht was sie produziert haben. Es ist wichtig, die Intentionen und Absichten zu durchdringen und daraus Inspiration für das Eigene zu schaffen. Uns inspirieren also eher verschiedene Philosophien. Ich bin ein ganz großer Fan um die Riege, die Ende der 70er Jahre und Anfang der 80er Jahre sehr aktiv war. Dazu gehört Brian Eno als eine der zentralen Figuren – neben anderen Leuten wie David Byrne, Adrian Belew, Robert Fripp oder der deutschen Band Harmonia.
STROBO:Inside – The Honeyclub
The Honeyclub ist eine Band aus Bochum, die Rock’n’Roll mit Alternative-Elementen verbindet und ins Jahr 2022 katapultiert. Das Trio hat 2019 zusammengefunden und besteht aus Sänger und Gitarristen G. Lou (Lukas Schwermann), dem Bassisten Bo J. Al (Alexander Böhmer) und dem Drummer Feety Joe (Jonas Klein). Sie arbeiten zurzeit an ihrer dritten EP „Imagine Life“, die im Sommer erscheinen soll.
STROBO: Wobei Brian Eno ja auch musikalisch sehr breit aufgestellt war.
Lukas: Genau, und das ist was ich sehr spannend finde. Ich möchte wissen, was da der musikalische Ansatz war, und das in meine Musik übertragen. Außerdem ist eine der größten Inspirationen, den Mut haben zu scheitern. Dadurch kann man in Wahrheit Fortschritte erzielen. Man sollte sich nicht in Komfortzonen bewegen.
STROBO: Bei eurer Musik fällt auch auf, dass ihr die Wurzeln aus dem Rock’n’Roll nutzt ohne altmodisch zu wirken. Wie schafft ihr diesen Transfer in 2022?
Lukas: Über Intuition. Man ist selber Produkt seines Zeitgeistes. Wenn man den Vergleich zu einer Band aus den 70s oder 80 zieht, muss man betrachten, dass die Produktionsstandards zum Beispiel ganz anders sind. „Getting Used To It“ habe ich Zuhause produziert, was damals sehr teuer gewesen wäre. Und trotzdem haben wir viel mehr Möglichkeiten, die teilweise grenzenlos sind. Die Chance müssen wir auch wahrnehmen. Es ist auch unsere Intention, nicht auf einer Retro-Rock-Schiene rumzutreten. Wir wollen das durchbrechen und den Vibe vom Style her optisch und musikalisch weiterentwickeln.
STROBO: Eure neue EP „Imagine Life“ kommt im Sommer 2022 raus – nach „Chemistry Baby” und „Biology Baby“ eure dritte EP. Wieso habt ihr euch für einen Bruch entschieden anstatt beispielsweise mit „Physics Baby“ eine klassische Trilogie aufzubauen?
Lukas: Weil es ein Bruch ist. „Imagine Life“ ist für uns ein stilistischer Bruch. Wir knüpfen in unserem Repertoire an, es verschiebt sich aber einiges. Das betrifft sowohl unseren Sound als auch das Songwriting und den Inhalt. Insgesamt wird der Sound erfrischender und hipper. Bei einer Trilogie würden wir uns einschränken.
Ich finde die Rock’n’Roll-Landschaft im Ruhrgebiet sehr muffig
Lukas Schwermann, Sänger von The Honeyclub
STROBO: Was können wir thematisch erwarten?
Lukas: „Imagine Life“ wird eine Konzept-EP mit sechs Titeln. Es ist eine Platte, die sich letztendlich mit dem Leben auseinandersetzt – aber nicht auf profane Weise mit Gefühlen und Erlebnissen, sondern tiefergehenden Themen.
Wir haben zum Beispiel einen Track, der „Dynamo“ heißt. Das ist ein Begriff, der aus einem Gedicht von Allen Ginsberg stammt. In der Zeit, in der ich die meisten Songs für die EP geschrieben habe, habe ich mich viel mit Allen Ginsberg auseinandergesetzt. „Dynamo“ beschäftigt sich mit Gegensätzen zwischen Konstanten, die im Leben immer wieder auftauchen, und der Kurzlebigkeit. Eine Konstante ist beispielsweise, dass die Sonne aufgeht. Solche Konstanten gab es vor der Menschheit und es wird sie auch noch danach geben. Das ist interessant, weil sie im totalen Widerspruch zu der Kurzlebigkeit unserer einzelnen Aktionen steht.
Das Schöne an der Platte ist aber, dass man diese Tiefe daraus ziehen kann, aber nicht muss. „Imagine Life“ ist immer noch eine Rock’n’Roll Platte, die mit einfachen und eingängigen Texten und Slogans arbeitet.
STROBO: Nach drei Jahren als Band: Wie schätzt du die Rock’n’Roll Landschaft im Ruhrgebiet ein?
Lukas: Ich finde die Rock´n´Roll-Landschaft, die wir hier im Ruhrgebiet haben, sehr muffig. Es gibt viele Bands, die sicherlich gut spielen können, aber auf einem Retro-Vibe festgefahren sind. Das ist eine Sache, die ich hier in der Gegend kritisieren würde. Ich habe keine Lust, mir eine Band anzuhören, die wie Black Sabbath klingt, wenn ich mir stattdessen Black Sabbath anhören kann.
STROBO: Ihr habt euch entschieden, das Musikvideo zu “Getting Used To It” nur auf Instagram zu veröffentlichen. Wie seid ihr zu dem Schritt gekommen?
Lukas: Wir wollten das einfach mal ausprobieren. Das Video ist gewissermaßen eine Low Budget Produktion, die wir einfach als Content liefern wollten und weniger als Produkt. Unsere Community ist eh auf Instagram unterwegs. Deshalb haben wir uns überlegt, ihnen das Video auch dort direkt zu präsentieren.
STROBO: Wenn man sich die Kommentar-Sektion unter euren YouTube Videos ansieht, sieht man, dass Ihr eine eingeschweißte Community habt. Wie empfindet ihr das?
Lukas: Es gibt ja traurigerweise Musik, die nie über 100 Hörer:innen im Monat kommt und insofern ist das schon echt geil, dass wir diesen Rückhalt haben. Da sind wir auch stolz drauf. Wir haben viele Leute, die uns über Honeyclub hinaus begleiten. Ich hab früher mit unserem Schlagzeuger ein Projekt gehabt, „Generationzwei“, aus dem wir viele Hörer:innen mitgenommen haben. Das sind Leute, die kommen echt zu allen Konzerten. Wir haben einen Fan aus Hamburg, die von da zu allen Konzerten fährt. Ich freue mich da immer total. Ist schon ein bisschen bekloppt, aber auch irgendwie geil.
STROBO: Was bei Euren Musikvideos auffällt: Ihr nehmt Euch nicht unbedingt zu ernst. Ihr gebt Euch sexy, aber lustig. Was ist Eure Motivation dahinter?
Lukas: Ich bin nicht der Typ, der sich immer zu hundert Prozent ernst nimmt. Ich möchte anspruchsvoll sein, aber das Leben ist schöner, wenn man Sachen mit Humor nehmen kann. Unter uns sind wir recht albern, und so hat sich das ergeben. Sexy sind wir immer, dafür können wir nichts. Aber es hat eine Dimension des Augenzwinkerns und ist eine Rolle, in der wir uns wohl fühlen.
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