club diese: „Wir wollen diese Diversität ins Nachtleben übertragen“ 

Die Meme-Seite @essendiese zählt mittlerweile über 60.000 Follower:innen auf Instagram und hat mit dem „club diese” ihren eigenen Club in Essen-Rüttenscheid eröffnet. Im Interview erzählen Leon und Robin von @essendiese sowie Clubbesitzer Basti hinter welchen Werten sie stehen wollen und ob sie selbst unerkannt mitfeiern.

Es ist Samstagabend, mitten in Essen-Rüttenscheid. Die Menschen sitzen in Kneipen, es ist viel los auf den Straßen. Das Nachtleben beginnt. In einer kleinen Seitenstraße leuchtet das LED-Schild: „club diese“. Bunte Lichterketten reihen sich darum. Ein paar Stufen geht man hinunter in die Bar, die sich in ein paar Stunden in einen Club verwandeln wird. Rotes Licht, ein paar Sofas und Diskokugeln. An der Bar gibt es Stauder. Lokalpatriotismus. An den Wänden hängen gerahmte Fotos. Auf einem sieht man drei junge Männer mit Masken. Die Jungs von der Meme-Seite @essendiese. Das sind Lukas, Leon und Robin. 

Dass sie mal einen eigenen Club aufmachen würden, hätten sie nicht gedacht, als sie 2019 den Instagram-Account erstellen. Seitdem ist @essendiese mit über 60.000 Follower:innen groß geworden. Und Lukas, Leon und Robin verdienen Geld mit ihrem eigenen Merch. Dabei wollen sie die Seite nicht kommerzialisieren wie andere Meme-Seiten. Beim Interview dabei ist Party-Veranstalter, Clubbesitzer und Mitgründer Bastian (Basti) Herzogenrath. Ihm gehört die Location in der Giardetstraße 2, aus der der „club diese“ wurde. 

Der club diese in Essen. Es ist das rote LED-Schild zu sehen.
Der club diese in Essen. Foto: David Peters.

STROBO: Ihr führt seit 2019 mit @essendiese eine ziemlich erfolgreiche Meme-Seite auf Instagram mit über 60.000 Follower:innen. Wie kam die Idee zum eigenen Club?

Robin: Wir haben schon vorher Partys veranstaltet. Zum Beispiel im „Hotel Shanghai“ oder zusammen mit der Partyreihe „LOL“ im Westend Club. Dann haben wir Basti kennengelernt. Irgendwann haben Basti und ich dann vor einem Club geredet und erstmal einfach irgendeinen Bullshit gelabert. Nach ein paar Stunden Brainstorming und Alkohol kamen wir dann auf „kneipen diese“. Weil das von Leon, Lukas und mir immer schon eine Träumerei war. Und dann hat Basti gesagt: „kneipen diese“ ist cool. Aber was ist mit „club diese“? 

Basti: Das war Anfang Juli und dann ging auch alles ganz schnell. Innerhalb von vier Wochen haben wir dann einfach den Club rausgehauen. Am 13. August war das Opening. 

ZUM STROBO:Podcast mit @essendiese kommt ihr hier

STROBO: Essen hat schon einige Clubs und nun gibt es noch einen. Was macht „club diese“ besonders? 

Robin: Unsere Community besteht vorwiegend aus jungen Menschen. Darunter sind nicht Menschen aus dem HipHop oder Rave, sondern auch Leute, die mal Bock auf eine Charts-Party haben. Unser Anspruch ist es deshalb, für ganz Essen Partys zu machen. Das unterscheidet uns von anderen Läden: Wir sind immer anders. Du kannst hier am 11.11 hinkommen und findest eine Schlagerparty. Du konntest hier gestern hingehen und hattest eine Techno-Party. Die meisten anderen Clubs sind sehr genrespezifisch. Die Stadt Essen ist aber super divers. Wir wollen diese Diversität ins Nachtleben übertragen. 

club diese im Interview: Würden wir anderes Bier als Stauder verkaufen, würden sich alle fragen, warum

STROBO: Ihr drei von @essendiese seid immer noch Studenten. Normalerweise eröffnen Studierende nicht mal eben einen Club mitten in einer Großstadt. Müsst ihr überhaupt noch studieren?

Robin: Wir machen @essendiese nicht wegen des Geldes. Wir haben schon viele Werbeanfragen abgelehnt. Weil wir eben sagen: Wir sind nicht so wie andere Meme-Seiten, die einen Werbepost nach dem anderen raushauen. Das Wichtigste für uns ist die Community. Wir sind unglaublich stolz, was wir uns aufgebaut haben. Deshalb wollen wir unseren Follower:innen was zurückgeben. Sei es mit coolem Merch gemeinsam mit Stauder, den die Essener:innen mit Stolz tragen. Oder mit unserem Club. Einem Place-to-be zum Feiern.

Und natürlich ist es schön, dabei dann auch noch Geld zu verdienen und sich so die Miete bezahlen zu können. Aber wir wissen auch, dass wir in schnelllebigen Zeiten leben. Was heute im Hype ist, kann morgen egal sein. Es wäre ein Fehler von uns, wenn wir alles auf eine Karte setzen. Deswegen haben wir nebenbei alle andere Projekte, wie Studium oder Arbeit. 

Party-Szene im club diese. Nebel und DJs.
Donnerstags, freitags und samstags wird im club diese gefeiert. Foto: David Peters.

STROBO: Ende September 2022 habt ihr euch sehr erfolgreich im 1Live-Memeduell geschlagen. Eure Community hatte mit rund 500 Tausend Kommentaren einen riesigen Abstand zu anderen weit größeren Meme-Seiten. Warum sind eure Follower:innen so unterstützend?

Robin: Essen ist die zweitgrößte Stadt im Ruhrgebiet. Die Essener sind stolze Leute. Würden wir hier anderes Bier als Stauder verkaufen, würden sich alle fragen, warum. Würden wir einen anderen Verein als Rot-Weiss Essen supporten, würden sich die Menschen fragen, warum. 

Essener sind stolze Leute, aber Essen ist auch eine Stadt, die seit vielen Jahren unter ihrem Potential bleibt. Du hast eine tote Innenstadt und ein krasses Nord-Süd-Gefälle. Es gibt viele Probleme in der Stadt. Wir sind keine Politiker, wir wollen was ändern, können es aber nur bedingt. Wir treffen mit @essendiese aber vielleicht einen Nerv der Zeit. Und wir lassen uns von niemanden was reinreden.

Wir schaffen es, auf satirische Weise politische Themen anzusprechen.  Wenn man uns mit anderen Meme-Seiten vergleicht, sind wir schon sehr politisch. Wahrscheinlich sogar die politischste Seite. Die Anonymität pusht das Ganze noch. Wir können uns mit Menschen zusammensetzen und am nächsten Tag einen Shit-Talk über sie machen, weil wir völlig unabhängig sind. So haben wir es in den letzten drei Jahren geschafft, die Essener hinter uns zu stellen. 

STROBO: Ihr selbst zeigt euch nur mit Maske und bleibt außer eurer Vornamen anonym. Feiert ihr unerkannt trotzdem mal mit? 

Leon: Ja klar! Niemand kennt unsere Gesichter. Ich kann hier rumlaufen und niemand erkennt mich. Auch große Teile des Teams wissen nicht, wer wir sind. Trotzdem sind wir oft hier und feiern mit. 

Zwei Männer mit Masken umarmen sich. Es sind die Gründer von essendiese.
@essendiese im STROBO:Podcast. Foto: David Peters.

STROBO: Im August gab es die Eröffnungsparty im „club diese“. Von da an war der Club jedes Wochenende voll mit jungen Menschen. Hattet ihr auch mal Angst, dass was schiefläuft?

Leon: Wir hatten extreme Angst. Vor allem davor, dass niemand zum Opening kommt. Dann standen 1.000 Leute in der Schlange vor dem Club und wir waren überwältigt. Natürlich haben wir uns gefragt: Funktioniert das? Kommen die Menschen wirklich? Davor haben wir zwar Partys veranstaltet, aber dieser eigene Club war der größte Schritt ins echte Leben. Und auch heute frage ich mich jedes Mal noch, ob die Leute kommen. 

club diese in Essen: Ein Club für alle

STROBO: Was bekommt ihr für Rückmeldungen zum „club diese“?

Robin: Die Rückmeldungen sind echt sehr positiv. Und es ist immer schön, wenn Gäst:innen Storys aus dem Club machen. Es gibt aber auch Kritik. Dann liest man eine negative Nachricht bei Instagram, die eigentlich sinnlos ist, weil die Kritik der Person vielleicht unberechtigt ist. Trotzdem nimmst du dir jede Nachricht zu Herzen und wir versuchen allen Wünschen gerecht zu werden. Unsere größte Angst ist, dass die Menschen denken, dass wir zu kommerziell werden. Wir versuchen, die Preise hier echt human zu halten. 

Basti: Am Anfang haben die Jungs sich die negativen Kommentare echt sehr zu Herzen genommen. Aber ich habe ihnen immer gesagt: Hier laufen heute Abend 700 Leute durch den Club und ihr kriegt zwei Beschwerden. Beschwerden sind halt immer sehr laut. Die anderen 698 Menschen schreiben dann nichts. Aber man wird gelassener mit der Zeit. 

STROBO: Wie sehen die typischen Party-Besucher:innen im „club diese“ aus?

Robin: Divers, so wie Essen. Aber es hängt auch stark vom Motto ab. Gestern bei unserem Rave hatten wir Menschen in schwarzen Rave-Outfits, bei der HipHop-Party hast du hier Leute mit Snapback und Bandana. 

Leon: Trotzdem haben wir bei jeder Party auch „casual people“. Die kommen, um sich das Ganze mal anzuschauen. Gestern waren auch viele da, die augenscheinlich noch nie auf einer Techno-Party waren, aber es mal auschecken wollten. 

Basti: Ich glaube, gerade weil das hier ein Laden für alle ist, kann man mal neue Genres ausprobieren. Partys, bei denen Menschen sich erst sagen: Da passe ich nicht hin. 

STROBO: Was plant ihr mit „club diese“ für die Zukunft? 

Robin: Gerade weil wir finden, dass Essen oft unter seinem Potential bleibt, wollen wir coole Sachen an den Start bringen. Für das nächste Jahr holen wir vielleicht mal fette Bookings hier rein. Also bekannte Musiker:innen oder DJs. Dadurch zeigt man den Leuten: In Essen geht was. Aber wir wollen auch etwas im Bereich Kultur machen. Warum nicht mal einen Newcomer:innen-Contest, Poetry-Slam oder eine Buchlesung unter der Woche hier veranstalten? Genau das ist doch @essendiese. Keine bestimmte Nische, keine bestimmte Bubble. Das hat auch von uns Szene-Kids umdenken erfordert.

Wir sind früher nämlich immer zu Techno-Musik feiern gegangen. Aber wir müssen uns von unseren eigenen Präferenzen lösen und schauen, was unsere Community feiert. Es geht nicht darum, cool zu sein, sondern vielleicht uncoole Sachen cool zu machen. Was cool ist, ist aber natürlich auch subjektiv.  

Information: Seit Anfang des Monats gibt es immer Donnerstags ab 22 Uhr die Party Studiese im „club diese“. Der Club veranstaltet zudem Freitag ab 23 Uhr wechselnde Mottopartys. Samstag öffnet die Bar ab 18 Uhr und dann der Club ab 23 Uhr. 

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