Seit zehn Jahren steht Sandra Da Vina auf der Bühne. Mal als Poetry Slammerin, mal als Kabarettistin. Strobo hat sie in ihrer Wahlheimat Essen getroffen und über ihre Anfänge im Poetry Slam und die Angst vor Sebastian 23 gesprochen.
Mit Sandra Da Vina im Café zu sitzen, ist ein Erlebnis. Schnell fällt auf, wie aufmerksam die Slammerin alles beobachtet. Leute, die vorbeigehen, werden von ihren Augen verfolgt, das Essen am Nachbartisch ausgespäht. Immer wieder starrt sie auf das T-Shirt des Kellners. Das übertriebene Katzenmuster hat es ihr angetan. Ihr Starren ist nie böse gemeint. Ständig ist sie auf der Suche nach der Geschichte, nach dem Witz. Sie scherzt mit dem Kellner herum, schmunzelt ständig über sich selbst und lacht trotz großem Hunger darüber, dass die Küche des Cafés unter Wasser steht und kein Essen zubereitet werden kann. Sie ist aufmerksam, bodenständig und immer wieder ziemlich albern.
Sandra Da Vina hat ihren Beruf eben verinnerlicht. Seit zehn Jahren steht sie auf der Bühne und ist als Poetry Slammerin, Kabarettistin und Autorin fast immer unterwegs. Vom zakk in Düsseldorf bis hin zum Schauspielhaus in Bochum: Sie steht auf den kleinen und großen Bühnen NRWs – egal ob live im Soloprogramm oder im Fernsehen in der Ladies Night im WDR. Sandra Da Vina scheint alles zu machen. Doch viel wichtiger: Sandra Da Vina scheint das alles tatsächlich auch zu können. Im November folgt ihr neues Programm „Viva Da Vina“ und verspricht das, was sie am besten kann: den Balance-Akt zwischen Poetry-Slam, Stand-Up-Comedy und spontaner Witzigkeit.
Sandra Da Vina: Eine Schnapsidee als Karrierestart
Hüpft sie nicht gerade von Bühne zu Bühne, trifft man Sandra in Essen. 2008 zieht sie für ihr Germanistik-Studium ins Ruhrgebiet. Sie lebt und arbeitet hier bis heute. Mittlerweile ist sie zu einer wahren Verfechterin des Ruhrgebiets geworden. „Ich bin damals aus meinem Bekanntenkreis auf ganz viel Unverständnis gestoßen, als ich erzählt habe, dass ich in Essen studiere“, erinnert sich die 33-Jährige. Abgehalten hat sie das nicht. In Essen studiert sie, moderiert sogar das Campusradio und macht schließlich ihren Master in Literatur- und Medienpraxis. Durch das Studium lernt sie Essen und das Ruhrgebiet lieben. „Das Ruhrgebiet bewegt sich hier ja schon länger in so einem Zwischending zwischen alten Zechen und einem großen Umbruch und ich merke immer mehr, dass das Ruhrgebiet total viel coole Kultur und Subkultur zu bieten hat“, erzählt sie.
Für Sandra Da Vina liegt in Essen schließlich auch der Startschuss ihrer Karriere. Als sie 2012 in der Weststadthalle einen Poetry-Slam mitbekommt, erkundigt sie sich nach der Veranstaltung. Einer der Verantwortlichen lädt sie ein, bei der nächsten WestStadtStory aufzutreten. Eine Schnapsidee, wie sie es selbst nennt. „Ich hab mich da glaube ich ein bisschen zu doll für interessiert und schon sollte ich auf der Bühne stehen. Ich weiß noch, dass ich davor wirklich panische Angst hatte und die ganze Zeit gedachte habe: „Oh Gott, was mache ich hier?“ Aber als ich endlich vor dem Mikrofon stand, dachte ich nur noch: Geil!“, erzählt Sandra.
Es bleibt schließlich nicht bei einem Auftritt. Sandra nimmt an immer mehr Slams teil, schreibt einen Haufen Texte und gewinnt 2014 als erste Frau die NRW Landesmeisterschaften im Poetry-Slam. Aus der Schnapsidee heraus beginnt ihre Karriere.
“Fernsehen ist total anders, weil es so on-point sein muss”
Ihre Slam-Texte führen sie schließlich durch das ganze Land. Mit vier Bühnenprogrammen tourt die Essenerin in den darauffolgenden Jahren über die Bühnen des Landes. Sie veröffentlicht verschiedene Erzählbände mit ihren Texten und auch das Fernsehen wird auf sie aufmerksam. Es folgen Auftritte in der Ladies Night im WDR, bei Nightwash und Alfons & Gäste. „Fernsehen ist total anders, weil es so on-point sein muss. Da hat man fünf Minuten Zeit und die sehen dann so aus, wie sie aussehen. Alles, was drüber ist, wird hart zusammengeschnitten.“ Live-Shows seien das Gegenteil davon, so unvorhersehbar. „Ich liebe das, wenn ich vorher nicht weiß, wie der Abend ausgeht“, erklärt Sandra.
Wer ihren Werdegang so verfolgt, wird feststellen: Sandra Da Vina hat Erfolg. Trotzdem besticht sie mit der charmanten Bodenständigkeit einer Newcomerin. Das könnte auch am Einfluss ihrer Wahlheimat Essen liegen. „Man will hier nicht so viel. Du musst hier niemandem was beweisen. Diesen Anspruch auch an die Kunst zu haben, ist total viel wert“, erklärt sie.
Sandra Da Vina im Porträt: Angst vor Sebastian 23
Nach zehn Jahren Bühnenerfahrung hat Sandra Da Vina eine Menge erlebt. Sie hat viel zu erzählen. Geschichten über sich, über das Fernsehen und über Slam-Kollegen. In ihrer eigenen, authentischen Art bleibt sie dabei immer bescheiden, zurückhaltend und ist trotz allem immer wahnsinnig unterhaltsam. Zum Beispiel, wenn sie erzählt, dass sie zu Beginn ihrer Karriere extra rausgesucht habe, auf welchen Slams Sebastian 23 auftritt, um ihm gezielt aus dem Weg zu gehen. „Ich hatte total Angst vor ihm und habe immer geguckt, dass ich nicht da bin, wo er ist. Sebastian ist halt der Poetry-Slam-Typ im Ruhrgebiet“, erinnert sie sich und lacht.
Sandra Da Vina ist anzumerken, dass sie liebt, was sie tut. Denn sie tut es die ganze Zeit, auch wenn sie nicht auf der Bühne steht. Nämlich unterhalten, zum Denken anregen und vor allem: Witze machen. Immer mit einem Lächeln auf den Lippen und einem Hauch von Selbstironie.
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