Von Schichten und Geschichten: Duisburger Filmwoche startet

Heute startet die Duisburger Filmwoche 2021. Noch bis zum Sonntag, 14. November, können Besucher:innen 16 dokumentarische Kurz- und Langfilme im filmforum Duisburg sehen und hinterher besprechen. Das Filmangebot gibt es nicht nur in den Kinos, sondern auch On-Demand.

Für die 45. Duisburger Filmwoche hat eine siebenköpfige Kommission von über 400 Einreichungen die ihrer Meinung nach sehenswertesten Filme ausgewählt. Für Festivalleiter und Kurator Alexander Scholz sei die Filmauswahl in diesem Jahr eine besonders schwierige Aufgabe gewesen: „Wir haben uns für Filme entschieden, hinter denen wir sehr stehen, aber wir hätten unter den Einreichungen gerne noch ein paar mehr untergebracht. Es war, trotz Corona, ein sehr starkes Jahr“. 

Duisburger Filmwoche: Schwierigkeiten unter Corona und Umstrukturierung

Obwohl die Einreichungen vielversprechend gewesen seien, habe es Rahmenbedingungen gegeben, die eine Beschränkung auf fünf Festivaltage und 16 Filme zur Folge gehabt hätten, so Scholz. Aufgrund der Pandemie blieb es lange unklar, ob das Festival überhaupt in Präsenz stattfinden kann. Dazu kam noch, dass sich das Leitteam des Festivals auflöste. Dieses Jahr wird die Filmwoche kommissarisch vom Kurrationsteam unter der Leitung von Alexander Scholz organisiert. Gerade aufgrund der Einschränkungen besteht der Festivalleiter darauf, allen Filmen die gleiche Wertschätzung zukommen zu lassen: „Wir widmen dem zwanzigminütigen Nachwuchsfilm genauso wie dem Film von etablierten Filmemacher:innen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit während des Festivals und planen mit einer einstündigen Diskussion“. 

Das besondere Konzept der Filmwoche besteht nämlich darin, nicht nur die Filme zu schauen, sondern einen aktiven Diskurs auf Grundlage der Filme in den Vordergrund zu rücken. Dabei ist das Ziel der Filmwoche, das Medium Film als Möglichkeit des gesellschaftlichen Ausdrucks zu nutzen, um den eigenen Wunsch nach Äußerung des Publikums zu initiieren. Für den Festivalleiter bedeutet das, „den Fokus auf das zu legen, was alle mitbringen, um daraus einen besonderen Ort des Diskurses zu machen“. Dieser Diskurs soll möglich sein, indem nach jedem Screening ein Raumwechsel in das anliegende Josephshaus stattfindet, um dort dann mit Regisseur:innen, Kurator:innen und anderen Besucher:innen über thematische Inhalte und Inszenierung der Filme zu sprechen, zu diskutieren und zu streiten. Damit das Festival seine eigene Diskursgeschichte entwickelt, werden die Diskussionen Jahr für Jahr protokolliert und anschließend auf der Webseite des Festivals veröffentlicht.

Festivalleiter und Kurator Alexander Scholz. Foto: Tilmann Lothspeich.

„Schichten“: das diesjährige Motto der Duisburger Filmwoche 

„Ich finde es schön, wenn Filme Eindrücke aneinander schichten, wenn Bilder offen sind, etwas erkennen zu lassen, das man danach auch besprechen möchte und ich denke, dass die diesjährige Auswahl, das ganz gut repräsentiert“, erklärt Alexander Scholz die Bedeutung des diesjährigen Mottos. „Schichten“ sei ein vielseitiger Begriff, der in erster Linie als Gedankenanstoß dienen und Assoziationen hervortreten lassen solle. Und auch das Programm spiegelt das wider. Die verschiedenen Dimensionen des Begriffs sind auf die eine oder andere Art in jedem Film zu erkennen. Ob der Eröffnungsfilm „Köy“ persönliche Erfahrungen als Charakterschichten versteht, der vielgelobte „Herr Bachmann und seine Klasse“ sich mit dem Lehren von Menschen verschiedener Migrationshintergründe und Kultur- sowie Sozialschichten befasst oder „Krai“ erzählerische Normen umschichtet, in dem er die Linie zwischen Dokumentation und Spielfilm verschwimmen lässt, sie alle werden durch das Motto einer Linie unterzogen, auch wenn sie sich sonst nicht zu ähneln scheinen.

Duisburger Filmwoche: Dokumentation vergleicht Bochum und Detroit

Auch wenn Alexander Scholz allen Filmen eine gleiche Wertschätzung zuteilt, folgt hier eine Auswahl aller Filme, die zur Hauptzeit laufen:

10.11. 21:00 Köy von Serpil Turhan Eröffnungsfilm und Weltpremiere

Drei Frauen, aus drei Generationen, die in Berlin leben, beschäftigen sich mit den Fragen nach Heimat, Zugehörigkeit, Freiheit und wie man zu der Person wird, die man ist. Ihre Gemeinsamkeit, sie sind alle kurdisch.

11.11. 20:00 Anmaßung von Stefan Kolbe und Chris Wright

Stefan S. sitzt in Brandenburg im Gefängnis, weil er seine Frau ermordet hat. Die Regisseure begleiten und interviewen ihn über Jahre und veröffentlichen hiermit die Gespräche. Das Besondere dabei, Stefan S. ist nicht zu sehen, sondern wird als Puppe in einem Theaterraum inszeniert. Der Film setzt sich mit der Frage nach dem Bösen, unserer Auffassung davon und wovon diese abhängig ist, auseinander.

12.11. 20:00 Krai von Aleksey Lapin

Der russisch-österreichische Regisseur dreht einen historischen Film über sein Heimatdorf mit den Einheimischen als Darsteller:innen. Oder? Was ist inszeniert und was ist real? Aleksey Lapin spielt mit dem unzuverlässigen Narrativ in einer semi-fiktionalen Doku voller verschiedener Figuren und Geschichten.

13.11. 20:00 We Are All Detroit von Ulrike Franke und Michael Loeken

Der Film wirft ein Licht auf den strukturellen Wandel Bochums im Zuge des Abrisses des Opel-Werks 2014 und zieht Vergleiche zum ehemaligen US Industriepowerhouse Detroit. Empfehlenswert dazu ist das Extra „Verschwindende Arbeit, veränderte Struktur. Über neue Bilder des Wandels.“ Am 11.11. um 10:00, in dem Journalist Matthias Dell mit den Filmschaffenden Ulrike Franke, Michael Loeken und Britt Beyer über Strukturwandel und die filmische Auseinandersetzung damit sprechen.

14.11. 11:00 Preisverleihung

Im Laufe des Festivals ernennen Fachjurys die Gewinnerfilme vier verschiedener Preise, die mit mehreren tausend Euro dotiert sind und bei dieser Veranstaltung im Stephanshaus verliehen werden.

Duisburger Filmwoche 2021: Tickets und Programm On-Demand

Grundsätzlich können Tickets für die Filme sowie zwei Extra Veranstaltungen für jeweils sechs oder ermäßigt vier Euro  online oder direkt an der Kasse des filmforums erworben werden. Außerdem können alle Besitzer:innen eines Ausweises der Stadtbibliothek Duisburg die Filme auch On-Demand sehen. Eine Onlineakkreditierung gibt es auf der Festivalseite ab 15 Euro. Die Diskussionen sind kostenlos im Livestream zu sehen.
Aber nicht nur die aktuell teilnehmenden Filme gibt es On-Demand zu sehen. Unter dem Titel „Familie * Arbeit * Geschichte(n)“ präsentiert der Video On-Demand Anbieter Filmfriend eine Kollektion von elf Filmen, die in der Vergangenheit während der Duisburger Filmwoche gelaufen sind. Das vollständige Programm sowie weitere Informationen auch zu der 2G-Regelung sowie den weiteren Hygienemaßnahmen sind auf der Webseite der Filmwoche Duisburg zu finden.

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