Welche Alben und EPs aus dem Ruhrgebiet wir 2021 am meisten gefeiert haben

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2021 geht heute zu Ende – in diesem Jahr gab es wieder zahlreiche neue Alben. Unsere STROBO-Redakteur:innen Tobi, John und Leonie haben sich für euch ihre drei Lieblingsalben aus dem Ruhrgebiet herausgesucht. Welche das sind, lest ihr in ihrer gemeinsamen Kolumne zum Jahresabschluss.

Tobis Highlight aus dem Ruhrgebiet 2021: LOKI – Intimacy

LOKI ist meine Lieblingsruhrgebietsmusikentdeckung aus diesem Jahr, und da gab es dank STROBO einige. Auch wenn die Mitglieder der Folktronica-Band sich in Paderborn kennengelernt haben, zwei von ihnen wohnen seit diesem Jahr in Bochum und ich finde das zählt. Ich durfte die sympathischen Jungs zwei Mal Live sehen, einmal interviewen und sehr oft zuhause hören. Die „Intimacy“ EP ist schwer auf ein Genre zu beschränken und vor allem, wer hätte es gedacht, sehr intim. Ich hätte nicht gedacht, dass ich einen Lagerfeuersong wie „González“ so schön finden kann. Die werden noch groß.

Leonies Highlights aus der Musikszene im Ruhrgebiet 2021: byelian und Vigo Blax

Gut, damit verstoße ich gegen die Regel, aber bei den Acts aus dem Ruhrgebiet gab es zwei EPs, die mich trotz all ihrer musikalischen Unterschiede 2021 gleichermaßen überzeugt haben. Die erste kommt von Byelian aus Sprockhövel und heißt „Crawl Underneath My Blanket EP.“ Mir ist die EP bei der Recherche zu neuen Releases im August begegnet (und hat danach auch die Rubrik gewonnen), wobei ich mich sofort in den Song „Bathroom | Door“ verliebt habe, der seitdem in meiner Playlist rauf und runter läuft. Was ich an der EP mag? „Crawl Underneath My Blanket EP“ gibt einem das Gefühl von entspannten Herbstabenden, davon, das erste Mal den Winterpullover anzuziehen und sich Kerzen anzuzünden. Dabei arbeitet byelian mit verschiedenen musikalischen Einflüssen, verbindet Indie und Folk mit elektronischen Elementen – und erweckt in der einen Sekunde den Anschein von Bon Iver und Ben Howard geleitet zu werden, bis er in der nächsten Sekunde mit Soundelementen wie Woodkid arbeitet. Das alles macht die „Crawl Underneath My Blanket EP zu einer meiner zwei Lieblings-EPs, die in diesem Jahr aus dem Ruhrgebiet gekommen sind.

Meine zweite Lieblings-EP aus dem Ruhrgebiet kommt aus Bochum und ist erst gestern zu unserer EP des Monats gekürt worden: „Idiots“ von Vigo Blax. Was mir bei Vigo Blax gefällt, ist das Spiel mit den verschiedenen Genres und die Verbindung von Rock und HipHop – zwei Genres, in denen ich mich selbst musikalisch sehr zuhause fühle. Besonders der Titeltrack „Idiots“, ein Song mit starken grungigen Elementen, ist einer meiner Lieblingssongs der EP. Mir gefällt besonders die melancholische Ader, die alle Songs auf „Idiots“ miteinander verbindet und für den typischen Vigo Blax Sound sorgt, der trotz der verschiedenen Genreeinflüsse entsteht. Gerade diese treibende, teils sphärische Melancholie wie in „5AM“ und „6PM“ ist es, die die EP für mich zu meiner zweiten Lieblings-EP aus 2021 macht. Denn „Idiots“ ist eine EP, die man auf dem Weg zu einer Party, in langen Nächten mit Freund:innen, und während ruhiger Abende Zuhause hören kann. Nach „Melodonic“ hat Vigo Blax zusammen mit seinem Produzenten Jones mit „Idiots“ auf jeden Fall für eine EP gesorgt, die auf ein baldiges Album der beiden hoffen lässt.

Johns Albumhighlight aus dem Ruhrgebiet 2021: International Music – Ententraum

International Music präsentieren mit „Ententraum“ ein wunderbar diffuses Album. Selten bin ich nach Hören eines Albums so verwirrt und nachdenklich wie hier. Während mich aber andere Alben unzufrieden verwirrt zurücklassen (etwa das 27 Track-Monstrum „Donda“ von Kanye West), bin ich hier durch schöne und schwer zu erklärende Ohrwürmer verwirrt. Als ich einen Kumpel spaßeshalber „meinen Fürst von Metternich“ nenne, schaffe ich nicht mehr als auf den Opener des Albums zu verweisen.

Und so fühlt sich dieses Album der mittlerweile deutschlandweit bekannten Essener wie eine Neuentdeckung an, denn die surrealen und melancholischen Texte werden mit Noise-Pop, psychedelischen Spielereien und Krautrock auf eine für mich neue Weise kombiniert. Vor allem wird hier die Erfolgsformel des Vorgängeralbums „Die besten Jahre“ auf die Spitze getrieben, im Vergleich damit wirkt „Ententraum“ auf mich in erster Linie pointierter und noch gefühlvoller, so wird der 2018 mit „Du Hund“ oder „Cool bleiben“ präsentierte Humor etwa in „Fürst von Metternich “ und „Der Traum der Ente“ weiterentwickelt und auch Pedros Version von „Kopf der Band“ ist mein Favorit der kleinen Trilogie. Während das Album mit 17 Tracks und über einer Stunde Laufzeit etwas langatmig wirkt, ist es gleichzeitig auch so abwechslungsreich, dass es sich perfekt etwa für längere Auto- oder Bahnfahrten eignet.

Während etwa mit „Erosion Korrosion“ noch der verrauchten Traurigkeit gefrönt wird, fühlt man sich im direkten Anschluss vom zweiminütigen „Spiel Bass“ überrannt, nur um dann durch „Museum“ wieder nachdenklich stimmende Assoziationen vorgetischt zu bekommen. So zieht es sich durch das Album, dass man sich erst wohliger Melancholie in Songlänge hingibt und mit dem nächsten Track dann verspieltem Dadaismus erliegt (bestes Beispiel sind die aufeinanderfolgenden „Immer mehr“ und „Der Traum der Ente“). Alles in allem ist „Ententraum“ ein rundum gelungenes Album und bei all den Widersprüchen ergibt es auf einmal ziemlich Sinn, dass dieses Album so gut ist.

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