I Expose the Music: Dortmunder U präsentiert Pionier der Videokunst Nam June Paik

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In der Ausstellung „I Expose the Music“ zeigt das Dortmunder U die Arbeiten eines Vorreiters der Video- und Medienkunst: Nam June Paik. Die Besucher:innen erfahren dabei die Kontraste zwischen sinnlicher Überforderung und Kontemplation. Paik gilt als Schlüsselfigur der sogenannten Fluxus-Bewegung, die für partizipative Kunst bekannt ist. Bis zum 27.08. könnt Ihr die Ausstellung des Museums Ostwall noch auschecken.

Der 2006 verstorbene Nam June Paik gilt als Begründer der Video- und Medienkunst. Die Dortmunder Ausstellung versammelt etwa 100 seiner Installationen, Skulpturen, Audio- und Videoarbeiten sowie Fotodokumente, Plakate und Partituren. Die Exponate sind häufig partizipativ angelegt: Sie lassen die Besucher:innen zum Teil der Kunstwerke werden. Paik hat zu Lebzeiten mit mittlerweile veralteten technischen Mitteln gearbeitet. In seinen Werken stellt er jedoch die aktuelle philosophische Frage nach dem Umgang mit multimedialer Technik. 

Nam June Paik ist ein Vorreiter in der Video- und Medienkunst. Foto: Lennart Neuhaus.

Die Ästhetik im Defekt 

Um es knapp festzuhalten: Paik liebte Fernseher. Vor allem das Flackern von Störbildern faszinierte ihn sehr. Bildschirme, die in ihrer Funktion beeinträchtigt sind. Dysfunktionale Bilder und Klänge, die zunächst störend oder beunruhigend wirken. Das alles greift Paik in Werken wie „Zen of TV“ auf. Hierbei verwandelt er die horizontale Linie eines Störbildes in eine vertikale Linie, indem er den Fernseher kippt. Damit inszeniert Paik einen Moment, der uns alltäglich meist beunruhigt: Technik, die nicht funktioniert.

Der Künstler setzt Zuschauer:innen den Bildern und Tönen aus, die ihre Funktion der Informationsübermittlung oder Unterhaltung nicht erfüllen. Paik fragt: Was macht das mit uns? Der beunruhigende Moment der Störung wird zu einem Anlass des Innehaltens und der Selbsterkenntnis.

Paik hatte in langjähriger Zusammenarbeit mit der Musikerin Charlotte Moorman als Performancekünstler dafür gesorgt, dass seine Kunst den vergänglichen Charakter einer Aufführung bekommt. Bei Live-Auftritten im Rahmen seiner Ausstellungen zerstörte er Geigen und Klaviere, um alternative Töne aus den Instrumenten zu kitzeln. Damit erzeugte er Klänge, die im Kontrast zu den harmonischen Klangbildern stehen, die professionelle Musiker:innen aus den Instrumenten zu zaubern wissen. Paik vermittelt die Offenheit, dass auch komische und ungewohnte Geräusche als Musik deklariert werden können.

Nam June Paik: Schlüsselfigur der Fluxus-Bewegung 

Die Fluxus-Bewegung der 1950er und 1960er Jahre holt Kunst aus ihrem elitären Raum und macht sie zu einer Selbsterfahrung. Besucher:innen partizipieren an der Ausstellung und sind dadurch ein Teil der Kunstwerke. Sie formen digitale Bilder mit der eigenen Stimme oder spielen selber auf Paiks Instrumenten. 

Nam June Paik gilt als Schlüsselfigur dieser Fluxus-Bewegung. Die Dortmunder Ausstellung zeigt Exponate, die die Besucher:innen durch Klang oder Bewegung zum Leben erwecken. Die Kunst entsteht für Paik im Moment der Performance, in dem er oder die Zuschauer:innen selbst in ein Verhältnis zu den Objekten treten.

Besucher:innen werden Teil der Ausstellung im Dortmunder U. Foto: Lennart Neuhaus.

Paiks „Sistine Chapel“ 

Das Zentrum der Ausstellung bildet Paiks persönliche Sixtinische Kapelle. Genauer gesagt: Paiks Antwort auf die originale Deckenmalerei der Sixtinischen Kapelle der Vatikanstadt. Angelehnt an die bildliche Erschöpfung Adams zeigt der Künstler seine eigene popkulturelle Schöpfungsgeschichte. Mit einer Vielzahl von Videoprojektoren werden Paiks Idole bild- und tongewaltig an die Wände projiziert. Dabei überlappen sich bewegte Bilder und Töne, die den gesamten Raum rundherum ausfüllen. 

Die immersive Erfahrung wirkt zwar gewaltig, zeigt aber auch die begrenzten Mittel und Möglichkeiten der Medienkunst Paiks im letzten Jahrhundert. Wenn heute VR-Brillen, Flatscreens und LD-Leinwände zum Einsatz kommen, waren für Nam June Paik Röhrenfernseher oder Schallplatte zentrale Medien seiner Kunst. Die Video- und Medienkunst hat nach Paik andere Möglichkeiten und Dimensionen angenommen.

Die technischen Objekte, mit denen er arbeitete, sind mittlerweile stark veraltet. Aktueller denn je hebt er jedoch die Frage nach der Wirkung dieser Medien in den Vordergrund der Betrachtung: Was macht das mit uns? Im Rahmen der Dortmunder Ausstellung könnt ihr der Frage auf den Grund gehen.

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