DOTE: „Wir hatten keine Lust nur Zeug zu machen, das auch im Radio laufen könnte.“

Die Indie-Pop Band DOTE aus Essen ist mit drei EPs und Auftritten beim c/o pop und Open Source Festival kein Geheimtipp mehr. STROBO hat die Band in ihren Proberaum getroffen und über ihre Fangemeinde, U2 und neue Songs gesprochen.

Der graue Wagen biegt gekonnt auf einen Seitenpfad ab, während die letzten Lichtstrahlen hinter den Häusern im Tal verschwindet. „Der Weg zum Proberaum ist etwas gruselig, aber hier wird niemand entführt, versprochen,“ lacht Bassist Niclas Beba während wir ins Nichts stolpern. Der Proberaum der Band befindet sich in einem ehemaligen Bunker irgendwo in den Feldern Essen-Kettwigs. Seit 2020 – kurz vor Start der Pandemie –  probt die Band dort. Zwischen Trampolin, Instrumenten und jeglichem Krams sitzen sie auf der ausgeblichenen grünen Couch, Stauder in der einen Hand, Kekse in der anderen – schnell ist die Packung leer. Lukas – Sänger und Schlagzeuger der Band – hat keinen bekommen.

Seit der Schulzeit kennen sich Jonah, Lukas und Niclas. Jonah und Lukas, die wegen einer versprochener Fahrt, die am Ende nicht so cool war wie erhofft, im Schulchor waren, fingen zu zweit in einer Garage mit der ersten eigenen Musik an. „Klassische Garagen-Musik eben – wir haben viel Nirvana gecovert“, erzählt Lukas. Ein paar Bandnamen und Findungsphasen später kam die Band mit Niclas (Bass) und Moritz (Gitarre, Synthesizer) in ihrer jetzigen Konstellation zusammen. Mit drei veröffentlichten EPs, Deutschland und kleiner Großbritannien-Tour ist die Indie-Band DOTE kein Geheimtipp mehr im Ruhrgebiet.

STROBO: DOTE steht für?

Lukas: Da gibt es zwei Geschichten zu, wovon nur eine wirklich stimmt. To dote ist englisch für schwärmen oder für etwas vergöttern. Damit wollen wir sagen, dass wir für das, was wir machen, brennen. Jonah und ich waren auch mal in Dortmund im Auto unterwegs und das Kennzeichen vor uns war DO gefolgt von einem T, was ich ganz cool fand. Welche Story zu unserem Namen wahr ist, bleibt jetzt mal offen.

STROBO: Auf Instagram habt ihr immer Dienstags Trash-Songs über Themen gemacht, die euch die User:innen schicken konnten. Ihr habt auch eine eigene Handynummer für Fans. Warum ist euch die Interaktion so wichtig?

Jonah: Heutzutage ist es leider selten, dass die Leute, wenn sie einen Song von uns hören, direkt die Band auschecken. Das wird das Lied mal favorisiert und das wars. Wir wollen den Leuten, die sich aber nicht nur unseren Spotify-Auftritt ansehen, etwas bieten.

Lukas: Mit den Trash Songs haben wir mittlerweile auch wieder aufgehört, weil es echt viel Arbeit war, besonders, wenn Jonah und ich zusammen Songs produziert haben. Manchmal waren die Songs auch einfach zu gut.

Jonah: Dann war es für einen Trash-Song zu geil.

STROBO: Wie wichtig ist es euch Fans zu haben, die euch kennen und auch zu euch aufschauen?

Lukas: Durch solche Aktionen wie die Handynummer, geht es uns darum nahbar zu sein und uns nicht von den Fans abzuheben. Die meisten Gespräche, die ich mit Leute über die Nummer führe, drehen sich auch nicht um uns. Ich habe schon übers Putzen geredet oder einfach nur Leute am Telefon gehabt, die sich gewundert haben, dass jemand abgehoben hat.

Niclas: Wenn Leute bei Konzerten mit uns reden wollen, ist die Band selten das Gesprächsthema.

Lukas: Einmal gab es aber schon einen krasseren Moment, als eine Frau angefangen hat zu weinen als sie uns sah und ein Foto machen wollte, aber das passiert normalerweise nicht.

STROBO: Von welchem:welcher Künstler:in hättet ihr gern die Handynummer?

Jonah: Mac DeMarco, aber der hat bestimmt kein Handy. Der ist noch richtig Rock n´Roll.

Niclas: Adele.

Lukas: Adam Driver.

Moritz: Justin Vernon.

STROBO: Für die neue EP „Broken Heart Economy Class“  seid ihr noch einen Schritt weitergegangen und habt sogar ein Browserspiel für die Fans entwickelt.

Niclas: Jonah hatte die Idee, einen Flugsimulator zur EP zu entwickeln.

Jonah: Wegen „Economy Class“ im Titel.

Niclas: Ich fand die Idee gut und da es im Internet für alles einen Anbieter gibt, habe ich auch wen gefunden, der uns ein Browserspiel entwickelt. Ein Flugsimulator wäre wohl zu teuer gewesen, aber dafür kann man mit einem Flugzeug jetzt Herzen sammeln. Was ganz cool ist.

STROBO: Bei thepick.de habt ihr dieses Jahr eine eigene Playlist erstellt und auch euren eigene Song reingepackt. Bester Promo-Move oder ehrlicher Stolz auf den eigenen Sound?

Jonah: Haben wir das wirklich? Der kam safe neu raus damals. Aber in meine persönliche Playlist würde ich meine eigenen Songs nicht packen.

Niclas: Ja, das ist immer sehr komisch, wenn Leute die eigene Musik anmachen, weil beide Seiten eine Reaktion von der anderen erwarten. Wenn dann weder ich noch die anderen etwas zu der Musik sagen, ist das sehr unangenehm.

STROBO: In der Musikbranche wird gerne verglichen. Two Door Cinema Club, the 1975 und Wallows sind alles Namen, die schonmal im Zusammenhang mit euch gefallen sind. Was war der schlimmste Vergleich bisher?

Jonah: Unsere Musik würde nach U2 klingen. Das ist besonders schlimm für Moritz, der selbst, wenn man ihm Tickets in der ersten Reihe schicken würde, nicht zum Konzert gehen würde.

Moritz: Ich hasse U2.

Lukas: Mir hat mal jemand erzählt, dass wir guten R’n’B machen. Das passt auch nicht wirklich.

Niclas, Lukas, Jonah und Moritz von DOTE (v.l.n.r) Foto: DOTE.

STROBO: „White Wine“ ist eure erfolgreichste Single. Mit der neusten EP “Broken Heart Economy Class“ habt ihr euch von diesem Sound wegbewegt.

Jonah: Wir hatten keine Lust nur Zeug zu machen, das auch im Radio laufen könnte. Nichtmal „White Wine“ lief, obwohl er auf Spotify so oft gehört worden ist, viel im Radio. Wir wollten einfach machen, worauf wir wirklich Bock haben. Am Ende machst du Musik, die ins Radio soll und dann spielen sie die im Radio nie.

STROBO: Im Vergleich zur ersten EP probiert ihr euch mehr aus und geht weg vom klassischen Indie der 00er Jahre. Ist die Musik von damals uncool?

Jonah: Wenn du gitarrenlastige Indie-Musik meinst, wie sie “The Kooks” zum Beispiel gemacht haben, würde ich definitiv keinem raten, Ähnliches heute zu probieren. Das ist definitiv tot.

STROBO: Auch wenn es eigentlich egal ist, ob man im Radio laufen will oder nicht?

Jonah: Ich bin ein großer Musik-Nerd und habe an Musik immer den Anspruch, dass sie was Neues bietet – auch wenn das utopisch ist. Das merke ich auch bei unseren neuen Songs. Ich habe das Gefühl, dass unsere Musik jetzt so klingt wie sie klingen sollte.

STROBO: Ihr habt drei noch unveröffentlichte Songs mit eurem neuen Produzenten aufgenommen. Was ist neu?

Jonah: Ich glaube, dass wir erwachsener geworden sind.

Lukas: Es geht nicht mehr nur um Liebeslieder. Es ist auf jeden Fall darker als die alten Sachen, auch von den Texten her.

Jonah: Und es gibt neue Sinnkrisen.

Bock DOTE live zu sehen? Kommt zur Indie Radar Ruhr und STROBO Party am 30.10.21 im Druckluft. Mehr Infos gibt es hier: STROBO und Indie Radar Ruhr präsentieren: FUTURE SOUNDS

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