Mit dem Gründungsstück „Tanz der Krähen“ zeigt das Queere Theater Kollektiv im Dortmunder Theater im Depot, wie queerer Aktivismus auf der Bühne aussehen kann. Stereotypen überwindend und Geschlechtlichkeit dekonstruierend. STROBO war dabei.
Zwei Hauptdarsteller:innen treffen im Stück bei einer Geisterjagd aufeinander – mit unterschiedlichen Methoden der Geisterbeschwörung. Auf der Suche nach den Untoten deutet sich zwischen ihnen mehr als nur ein kollegiales Verhältnis an. Die Geisterjagd entpuppt sich als harmonisches Projekt, zwischen der transzendentalen und irdischen Welt eine Kommunikation herzustellen.
Sieben Laienschauspieler:innen aus Dortmund performen eine Geistergeschichte von Fantasy Autor:in Chris* Lawaii. Dabei fließen autobiographisch die Anliegen und Erfahrungen der queeren Performer:innen mit ein. Hinter dem Abend steht schließlich ein Wunsch: die Situation, dass sich niemand für eine von der Norm abweichenden Geschlechtlichkeit rechtfertigen oder erklären muss.
Besonders auffällig ist die gelockerte Atmosphäre, mit der im Saal über Geschichten queeren Lebens verhandelt wird. Im Zuschauer:innenraum hat sich ein diverses Publikum zusammengefunden, das die Laienschauspieler:innen lautstark zwischen den Szenen bejubelt.
Arbeit im queeren Kollektiv
Das Queere Theater Kollektiv hat sich als safe space auf queere Normen und Regeln geeinigt, die künstlerische Entfaltung für alle möglich machen sollen. Die Vielfalt des queeren Lebens dient zusätzlich als Inspiration für künstlerisch-ästhetische Szenarien.
Aber es gibt noch weitere Perspektiven hinter der queeren Theatergründung. Es geht dem Kollektivum um eine bessere Repräsentation von queeren und nicht-binären Lebensentwürfen. Queeres Lebens soll – jenseits der Basisprobleme, wie es bei vielen das Outing noch ist – unaufgeregt und unproblematisch dargestellt werden. Mit diesem idealistischen Unterfangen wollen die Theaterschaffenden die Gesellschaft erreichen und queere Menschen zur freien Entfaltung ermutigen. Die Gruppe denkt eine andere, performative und ästhetische Form von Aktivismus.
Aus der (heteronormativen) Rolle fallen
„Mit dem Theaterspiel können verschiedene Ängste, aber auch Stereotypen überwunden werden“, erklärt Luisa, die Projektleitung des Kollektivs. Bei einem Workshop ging es vorab darum, Geschlechtlichkeit jenseits von männlich und weiblich weiterzudenken und zu verkörpern. „Das bedarf eines Schutzraums, um sich damit befassen zu können“, so Luisa weiter. Über sechs Tage hat sich im Rahmen des Queeren Theater Kollektivs eine Gruppe in einem künstlerischen Experimentierraum zusammengefunden. Dort wurde der Geschlechtsbegriff unabhängig von der geschlechtsspezifischen Sozialisation neu gedacht und performativ erprobt. Das Ziel in der Stückentwicklung war es schließlich, von einer unbekannten Gruppe zu einem gemeinschaftsorientierten Kollektiv zusammenzuwachsen.
Mit der Gründung eines queeren Kollektivs war ursprünglich vor allem ein safe space für queere Darsteller:innen angedacht. Daraus entstand jedoch viel mehr: Das Kollektiv hat unter Beweis gestellt, dass der Ernst der öffentlichen Debatten rund um das LGBTQAI+-Spektrum in einem gemeinschaftsorientierten Theaterprojekt erodieren kann. Dass sich die Lebenswelt hinter dem scheinbar „Fremden“ der Definitionen von Geschlechtlichkeit im Theater erzählen lässt. Im Jenseits der oft stereotypisch über Queerness debattierenden Medienlandschaft.
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