Fashionistas, Fußfestische und Fördertürme: STROBO-Redakteur Max hat sich mit dem #Ruhrpott in die Tiefen von Instagram begeben. In seiner STROBO:Insights-Kolumne berichtet er von seiner Reise zwischen Bodenständigkeit und New York City Vibes.
Das Prinzip Hashtag ist eine geniale, unterschätze Erfindung. Ich stelle mir immer vor, wie jemand das erste Mal bewusst auf eine Tastatur geschaut hat und sich fragte: „Jo was macht eigentlich die # hier?“ – die Sortierungsfunktion war geboren und liefert uns allen spezifische Inhalte, bis sie uns zu den Ohren heraushängen. Du willst Hundebabys sehen? Hier hast du 485838288 Bilder von Hundebabys.
Auch #Ruhrpott erfreut sich mit über einer Million Beiträgen großer Beliebtheit und gibt tiefe Einblicke in die Seele des Potts, wie sie die WDR Lokalzeit niemals hätte liefern können. Fußfetischseiten, jede Menge Fördertürme, ein paar Fashionistas und erstaunlich viel Grün: #Ruhrpott macht mich nachdenklich. Ist das mein Ruhrgebiet, so wie ich es kenne? Auch wegen Instagram und seines Schönheits-Algorithmus hatte ich mehr Aperol, mehr Fashion, mehr Likes erwartet. Doch der #Ruhrpott gibt sich bodenständig.
Es ist nur ein Gefühl, aber ich habe so viele zu tätowierte Arme gesehen, wie es Fördertürme im Ruhrgebiet gibt.
Einen Großteil der Kacheln machen nette Bilder von ambitionierten Hobbyfotograf:innen aus, die ihre Bilder nicht nur mit 20+ Hashtags versehen, sondern auch ihr Kameramodell nennen müssen. Es wurde ein bisschen am Kontrast geschraubt und ein bisschen mit dem Licht gespielt, ein nettes Foto eben. Doch als gäbe es eine stille Vereinbarung zwischen ihnen, wählten als ihr Motiv – ja klar – Fördertürme. Ich persönlich habe davon genug. Leider ist das Ruhrgebiet nicht Rom, oder zumindest noch nicht Berlin mit seinen instagramabelen Altbauten.
Zwischendurch zeigt #Ruhrpott mir Selfies. Mal von einer Angelika mit knallroten Haaren oder von einem Matthias im Fitnessstudio. Was 90% gemeinsam haben: Tattoos. Es ist nur ein Gefühl, aber ich habe so viele zu tätowierte Arme gesehen, wie es Fördertürme im Ruhrgebiet gibt. Als Typ, der in der Schule immer zu den Coolen dazugehören wollte, war auch ich damals nur noch einen Mausklick von der Flamme auf meinem Oberarm entfernt.
Großen Respekt habe ich vor den Influencer:innen, die es schaffen, das Ruhrgebiet so aussehen zu lassen, als wäre es New York City. Man muss nur die richtigen Stellen finden und einfach mal Zechen auslassen. Schon wirkt Herne, wie ein durchgentrifizierter Stadtteil in irgendeiner Großstadt. Auch das ist im Ruhrgebiet möglich.
#Ruhrpott zeigt das ehrliche, wahre, ungeschönte Ruhrgebiet, so unterschiedlich wie es eben ist – und jede Menge Fördertürme. Das ist gut so, all die Motive und die Menschen gehören eben dazu. Vielleicht poste ich auch bald mal etwas mit dem #Ruhrpott und zeige mal mein Ruhrgebiet.