Mit ihrem Hit „Durch den Monsun“ ist Tokio Hotel schlagartig berühmt geworden und hat auf der ganzen Welt einen Hype ausgelöst. Das ist jetzt 18 Jahre her. Vergangene Woche sind sie beim Zeltfestival Ruhr aufgetreten und STROBO-Autor Max hat sich angeschaut, was vom Hype geblieben ist.
Tokio Hotel heute
Das ist eine sehr, sehr lange Zeit her. Zwischenzeitlich verschwand die Band komplett aus der öffentlichen Wahrnehmung Deutschlands – bis Tom Kaulitz Heidi Klum heiratete. Auf einmal waren zwei der vier Bandmitglieder wieder da, sie waren nun „Personen des öffentlichen Lebens“, für mich bekannter durch ihren Podcast, TV-Sendungen und sonst irgendwelche Medien als durch ihre Musik. Tom und Bill Kaulitz, die gereiften Superstars, die uns schnöden Deutschen den L.A.-Vibe näherbringen.
Offensichtlich bin ich kein großer Tokio-Hotel-Fan. Umso gespannter bin ich, als fast 20 Jahre später es die Umstände zulassen, ein Konzert dieser Band besuchen zu dürfen. L.A.-Vibe in Bochum, jedoch im kleineren der beiden Konzertzelte des Zeltfestivals Ruhr. Vorne steht das Publikum dicht beieinander, hinten wird es leerer. Die, die den zugegebenermaßen sehr happigen Ticketpreis von 62 Euro gezahlt haben, scheinen sich zu freuen. Jedes Alter ist vertreten: 40-jährige Paare, Grüppchen von Teenagern, Mamas mit ihren Töchtern. Alle schauen auf eine Bühne der Kategorie: Schulband sammelt erste Bühnenerfahrung beim Stadtfest.
Frenetisches Kreischen
Doch schon beim ersten Ton merke ich, wie treu die Fangemeinde der Band geblieben ist. Ein ohrenbetäubendes Kreischen hallt durch das Zelt, jeder zweite Gast filmt mit. Jeder Refrain wird am Ende des Abends lautstark mitgesungen worden sein. Auf der Bühne bringt vor allem Bill die nötige Portion Glamour nach Bochum: Mehrere Outfitwechsel, die gesamte Show klassisch in mehreren Zentimeter hohen High Heels, ein Ventilator, der konstant Wind ins Gesicht des Frontsängers weht. Das kenne ich sonst nur aus dem Fernsehen.
Das Konzert ist kurzweilig. Gefühlt ist jeder Song ein Hit, seien es die Songs von alten Alben oder die von den neuen. Nur der Genre-Unterschied ist auffällig: Während am Anfang des Konzertes noch Rammstein-artige Synthies zum Alternative-Sound durchklingen, sind Tracks wie „White Lies“ angepasst an den Musik-Markt. Auch der hat sich mit der Zeit ja etwas weiterentwickelt.
Bemerkenswert ist auch, dass Tokio Hotel ihren Hit mit Kraftklub „Fahr mit mir (4×4)“ spielt. Ein Beweis dafür, in welchen Gefilden Tokio Hotel mittlerweile auch stattfindet. Und so vergeht die Zeit bis zu jenem Stück deutscher Musikgeschichte wie im Flug. Zwischendurch das obligatorische „Danke“ oder „Boah, ist das krass hier“, was jede Band bei Konzerten artig herunterbetet. Auch Tokio Hotel – mit einer Ausnahme: In Bochum haben sie damals ihren Abschluss gemacht, erzählt Bill zwischendurch. Und das ist schon eine große Ehre für das Ruhrgebiet.
Dieser eine Song
Dann kommt der Song „Durch den Monsun“, mit dem sich Tokio Hotel unsterblich gemacht hat, der auf Partys von allen mitgesungen werden kann, den so viele Menschen auf der Welt mitsingen können. Das „Vater unser“ für alle Tokio-Hotel-Fans und für alle, die trotzdem heute da sind. Auch ich singe mit. Was ein gelungener Abschluss eines doch aufregenden Abends. Ein Abend, bei dem alle Anwesenden einfach eine gute Zeit haben wollten und hatten – sei es über Nostalgie, Glamour oder aktuellem Pop. All das kann Tokio Hotel mittlerweile bedienen und von all dem war heute etwas dabei.
Das Konzert endet mit einem kleinen Bühnenfeuerwerk. Zum Schluss schmeißt Gustav wie jedes Mal noch seine Sticks ins Publikum. Der riesige Hype ist zwar nicht mehr da, sonst wäre die Bühne etwas größer und das Zelt etwas voller gewesen. Tokio Hotel ist aber noch immer eine ernstzunehmende Band mit einer treuen Fangemeinde. Eben auch nur etwas erwachsener geworden.
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