Rapper Ziry im Interview: „Ich möchte dafür stehen, dass die Welt besser wird“

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Ziry aus Witten ist der zweite Act, der bei der zweiten Staffel der STROBO:Sessions performt. Im Interview erzählt der Rapper, was ihm der Glaube an Schicksal bedeutet und welche Rolle sein Bruder Al Kareem für seinen Weg gespielt hat.

STROBO: Ziry, deine Texte sind sehr gefühlslastig und handeln oftmals von deinem Werdegang, Struggles, und Bestrebungen für die Zukunft. Wie wichtig ist dir Authentizität in deiner Musik?

Ziry: In meinen Texten geht es nur um Sachen, die wirklich passiert sind und um echte Gefühle. Ich lasse mich von meinem Alltag, meinem Leben und meiner Familie inspirieren.

STROBO: In einem Interview hast du mal gesagt, dass du deine Musik am liebsten gar nicht als Rap oder Pop kategorisieren lassen möchtest. Wieso ist dir das wichtig?

Ziry: Heute gibt es keine klare Definition für Deutschrap mehr. Für mich ist Deutschrap gerade beispielsweise nicht mehr das, was es vor sechs Jahren war – deshalb stört es mich, so plump damit verglichen zu werden. Das schert alles über einen Kamm.

Natürlich ist meine Musik deutscher Rap, aber im Endeffekt auch einfach nur Musik. Das kommt schon allein dadurch, dass die Samples, die ich nutze, zum Teil Jazzmusik der 80er-Jahre sind. Wenn ich mich auf irgendetwas spezialisieren müsste, würde ich also sagen: Ich mache einfach Musik.

Ziry bei den STROBO:Sessions: Hier seht ihr das Video

STROBO: Welche Künstler:innen haben dich denn in deiner Musik geprägt?

Ziry: Es gibt bei mir nicht diese einzige Band, die mich geprägt hat. Ich höre privat auch gar nicht so viel Musik. Dadurch, dass mein Bruder Al Kareem seit 2004 Musik macht, bin ich mit Deutschrap aufgewachsen, aber eher mit dem, was in Witten passiert ist.

Eigentlich hat mein Bruder mich am meisten inspiriert, Rap zu machen. Wenn er stattdessen Heavy Metal gehört hätte, hätte ich vielleicht auch Heavy Metal gehört. 

STROBO: Damit sind sowohl du als auch dein Bruder im Rap gelandet – hat Musik eine große Rolle in deiner Kindheit gespielt? 

Ziry: Musik war schon immer ein großer Teil meines Lebens. Mein Vater hat immer sehr gerne Musik beim Autofahren gehört, wodurch ich schon als Kind viele kurdischen Folklore-Lieder auswendig singen konnte. Wir waren auch zusammen auf Konzerten von unter anderem kurdischen Musikern.

STROBO: Wie sah dein Weg in den Rap aus?

Ziry: Eigentlich rappe ich schon mein ganzes Leben lang. Mein Weg ging aber richtig los, als ich mit 14 Jahren in einem Jugendzentrum in Witten mein erstes Rap-Battle hatte. Seit 2018 konzentriere ich mich beruflich komplett auf die Musik. 

Rapper Ziry Portrait
Foto: Patrick Zajfert.

STROBO: Wie sehr hat dich Al Kareem in deiner Musik geprägt?

Ziry: Gerade zu Beginn war es mir wichtig, dass er feiert, was ich mache. Was Rap und Musik angeht, ist er ein etablierter Künstler und da wollte ich anknüpfen. Nicht als Bruder von ihm, sondern als eigenständiger Künstler. Dass wir Brüder sind, ist aber eine schöne Randnotiz. Al Kareem ist aber eine Inspiration für mein ganzes Leben – nicht nur für meine Musik.

STROBO: Dein Bruder wohnt mittlerweile in Berlin, du hast dich wie Lakmann, der zusammen mit deinem Bruder Teil von Witten Untouchable ist, entschieden, in Witten zu bleiben. Wie ist das gekommen? 

Ziry: Ich fühle mich hier ganz wohl, ich komme von hier und habe meine Mutter hier, mit der ich so oft es geht Zeit verbringe. Das wäre nicht so leicht, wenn ich in Berlin wohnen würde. Das ist der Hauptfaktor. Wenn ich irgendwo hinziehen würde, würde ich Berlin aber auch nicht als erstes Ziel sehen.

Ich brauche mehr Ruhe. Ich halte es auch für Schwachsinn, dass man nach Berlin ziehen muss, wenn man Musik oder Kunst machen will. Wenn man etwas von Herzen tut, dann kann man es von überall aus machen.

Ziry und sein Produzent twentyone.
Foto: Patrick Zajfert.

STROBO: In deinen Texten geht es oft um Schicksal und Fügungen – wie sehr hat dir der Glaube daran bei deiner eigenen Karriere geholfen?

Ziry: Er hat mir geholfen – ohne hätte ich mich nie auf die Musik konzentriert. Ich habe für mich zwei essenzielle Richtlinien gefunden, an die ich mich im Leben halte: Klarzukommen und nicht abzukacken. Das hört sich vielleicht plump an, kann man aber auf alles beziehen. Wenn ich aufwache und weiß, dass ich ein Interview habe, denke ich mir: „Komm jetzt klar und kack nicht ab. Du musst aufstehen, auch wenn du bis nachts Musik gemacht hast.“ Das Gleiche gilt bei Liebeskummer oder auch Sport. Man muss einfach weitermachen.  

STROBO: Du hast 2019 deine Debüt-EP „Tabularasa“ veröffentlicht – was hat dir der Release bedeutet?

Ziry: Damit hat die beste Zeit meines Lebens begonnen. Ich bin damals in meine jetzige Wohnung gezogen und habe zusammen mit meinem Freund und Kollegen Carlifornia ein halbes Jahr lang Musik gemacht. Das war für mich das erste Mal, dass ich mich hingesetzt habe und mich nur auf meine Musik konzentrieren konnte. Wir hatten eine gute Zeit und haben bestimmt 40 Songs zusammen produziert. Nach wenigen Monaten waren wir dann so warm, dass wir die EP geschrieben haben. 

Foto: Patrick Zajfert.

STROBO: Du sprichst dich auf Instagram auch gegen Rassismus aus – ist es dir ein Anliegen, deine Reichweite auch politisch zu nutzen?  

Ziry: Unbedingt. Wenn ich Musik veröffentliche und parallel dazu die Welt untergeht, denke ich mir: Ich bin voll der Mistkerl und denke nur an mich. Wenn ich dann aber was Politisches poste, wirkt sich das negativ auf meine Reichweite aus. 

Dann bin ich im Clinch mit mir selbst. Aber das ist mir egal. Eine Nachricht zu verbreiten, die mir am Herzen liegt, ist mir wichtig. Ich möchte dafür stehen, dass die Welt besser wird. Wenn ich einen Song raushaue und gleichzeitig sowas passiert wie gerade im Iran, führt für mich kein Weg daran vorbei, dazu etwas zu sagen – gerade auch, weil der Iran mein Geburtsort ist.

STROBO: Was werden wir in nächster Zeit von dir hören? 

Ziry: Dieses Jahr soll meine EP „Formidabel“, die im September erschienen ist, erstmal im Fokus bleiben. Ende Dezember geht es weiter mit neuer Solo-Musik von mir. Bis dahin werde ich auf verschiedenen Projekten von anderen Künstlern vertreten sein.

Foto: Patrick Zajfert 

Foto: Patrick Zajfert 

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