Andie & Roy zeigen, was das Ruhrgebiet ausmacht. Mit ironischem Rap über das Dortmunder Nachtleben. Neben ihrer Musik erstellen die beiden auch 3D-Kunst im Dortmunder U. STROBO hat die beiden in Dortmund besucht und herausgefunden, wie sie Arbeit und Kunst verknüpfen.
Es ist ein großer und dunkler Raum, in dem die Jungs von Andie & Roy ihre Zeit verbringen. Der Raum sieht aus wie ein Lager – nur für Kunst. Übereinander gestapelt stehen alte Röhrenfernseher, an den Wänden liegen Lautsprecher in Regalen. Zwischen großen schwarzen Vorhängen schimmert etwas Licht. Dort ist das Herz der StoryLab kiU, dem Arbeitsplatz der beiden im Dortmunder U.
Die Jungs, die eigentlich Timo (Andie) und Laurin (Roy) heißen, sitzen in einem Kreis aus Schreibtischen, auf denen jeweils drei Bildschirme stehen. Schnelles Mausklicken ist zu hören und auf den Bildschirmen flimmern Animationen von ihrem aktuellen Projekt: einem mit der VR-Brille begehbaren Rekorder. So heißt eine ehemalige alternative Bar in der Dortmunder Nordstadt, die im März schließen musste. Geplant sei, dass man mit den VR-Brillen noch einmal einen Abend wie im echten Rekorder erleben kann. Laurin schaut von seinem Schreibtisch auf. „Das hier ist der schwarze Raum. Hier arbeiten die 3D-Artists. Weil es so dunkel ist, sehen alle immer mega fertig aus“, erklärt er sarkastisch. Die beiden arbeiten hier selbst als 3D-Artists und lernten sich auch erst dadurch kennen. „Über die Zeit sind wir dann Buddys geworden“, erzählt Timo.
Nach fast einem Jahr Freundschaft sei dann auf dem Juicy Beats Festival 2022 in Dortmund die Idee gekommen. „Da war BHZ voll der Vibe und dann meinte ich zu Laurin: Jo, lass mal Mucke machen“, fährt Timo fort, der auch schon vorher viel Musik gemacht habe. „Erstmal hab ich dich ausgelacht“, entgegnet Laurin sofort und lacht. Aber auch er habe sich schon länger musikalisch ausprobieren wollen, weil er schon immer gerne Texte schreibe. „Und ich glaub da hat sich dann was gefügt“, sagt Timo.
Der „sprunghafte Sound“ von Andie & Roy
Zum Vorteil der beiden ist direkt an ihrem Arbeitsplatz ein voll ausgestattetes Musikstudio – nur eine Tür entfernt vom „dunklen Raum”. Auf der einen Seite des Studios steht eine graue Couch, daneben lehnen eine Gitarre und zwei Keyboards gegen die Wand. Auf der anderen Seite steht ein Schreibtisch. Auf dem darauf stehenden Bildschirm ist ein Projekt in dem Musikprogramm Logic geöffnet. Timo zeigt einen Song, an dem er gerade arbeitet. „Das ist jetzt inzwischen etwas in Richtung Breakcore und Rap gemixt“, beschreibt er.
Generell ist der Sound von Andie & Roy eine Mischung aus vielen Synths mit schnellen, teilweise Techno-artigen Beats und Rap mit Autotune. „Man könnte sagen wir machen eine Art Hyperpop, sind aber irgendwo rechts und links abgebogen“, meint Laurin und bewegt dabei seinen Arm schlängelnd in beide Richtungen. Dass sich die Beats dabei immer wieder stark unterscheiden, sei Timo geschuldet, weil er musikalisch sehr sprunghaft wäre. Timo kümmert sich immer um den musikalischen Teil und baut einen Beat. Erst dann schreiben beide darauf einen Text.
Andie & Roy: „Dortmund ist dankbar für jede:n, der alternativ ist“
Westpark, Stadtgarten oder „reudig an die Möllerbrücke“ – die Texte von Andie & Roy haben meistens einen starken Bezug zu Dortmund. Beide kommen aus dem Dortmunder Umland und kennen die Stadt schon seit ihrer Kindheit. „Ich habe mich mit der Stadt schon immer verbunden gefühlt und jetzt bin ich hier auch sehr aufgegangen“, erzählt Timo. Beide hätten auf dem Design-Campus der FH Dortmund aber die Erfahrung gemacht, dass die Studierenden lieber in die größeren Städte wie Berlin ziehen wollen. Dortmund würde da eher als Station wahrgenommen werden. „Wobei Dortmund dadurch, dass die Stadt nicht so riesig ist, eigentlich viele Vorteile hat“, ergänzt Laurin. Die Kreativ-Szene sei hier sehr vernetzt und man habe jede:n zumindest einmal gesehen. „Dortmund ist auch voll dankbar für jede:n, der alternativ ist und was pushen will. Außerdem glaube ich, die Leute sind hier einfach sehr offen“, fährt er fort.
Es dreht sich in den Songs von Andie & Roy aber nicht nur um Dortmund und das Ruhrgebiet, sondern auch ganz oft darum, was man hier gut machen kann: Party. „Natürlich ist das immer halb-ironisch“, meint Timo. In der ersten EP „Reudig an die Möllerbrücke“ geht es aber oft genau darum. Im Namen der EP versteckt sich übrigens auch der Künstlername der beiden: Aus Reudig wurde „Roy Dik“ (Laurin) und aus „an die Möllerbrücke“ wurde Andie Möller (Timo).
Inzwischen würde es neben vielen ironischen und lustigen Texte aber auch um ernste Themen gehen. Das spiegelt vor allem das erste Album der Jungs „Reudig an die Möllerbrücke 2“ wider. Dieses behandelt neben dem typischen Party- und Dortmundrap nämlich auch die Nostalgie der Kindheitserinnerungen von 2004 oder das unendliche „Swipen“ auf Datingplattformen. „Also oft nutzen wir atzige Themen als Stilmittel, um etwas Ernstes zu verpacken“, fügt Timo hinzu.
Zwischen Arbeit und Kunst
Ihre Musik können die beiden gut mit ihrem Job als 3D-Artist verknüpfen. So können sie direkt animierte Videos für ihre Songs produzieren. In dem Musikvideo zu „17. Semester“ fliegen zum Beispiel computergenerierte Versionen von Andie & Roy über einen digitalen Nachbau der Dortmunder Innenstadt, tanzen als Riesen auf dem Westpark und trinken Bier aus Trichtern so groß wie Häuser. In den Instagram-Reels zu dem Song „RE1“ wird der Zug selbst zum Akteur und rennt mit Armen und Beinen aus Waggons durch Dortmund, tanzt im Stadion und macht einen Rückwärts-Salto auf dem Borsigplatz.
Diese Animationen erstellen Timo und Laurin im „schwarzen Raum“ des storyLab kiU. In ihrem Job erstellen sie ansonsten 3D-Kunst für den immersiven Raum und den Fulldome im Dortmunder U. „Es ist gibt ganz viel neue Technologie, die bisher kaum für die Kunstwelt erforscht ist. Dabei lassen sich damit tolle Geschichten erzählen“, meint Laurin.
Mit den kreativen Arbeiten für das Dortmunder U sind Timo und Laurin tief in der lokalen Kreativ-Szene verankert. Aber auch rappen wollen die beiden weiterhin. Auf die Frage, wo sie mit ihrer Musik einmal hinwollen, sind sich beide einig: „Unser Ziel war immer, zumindest einmal auf dem Juicy Beats aufzutreten.“ Also an dem Ort auf der Bühne zu stehen, an dem vor fast zwei Jahren das Projekt Andie & Roy entstanden ist.
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