Finn & Jonas im Interview: „Live spielen ist der Grund, warum wir das machen“

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Etwa zweieinhalb Jahre sind vergangen, seit wir das letzte Mal mit Finn und Jonas über ihre Musik und ihre Pläne gesprochen haben. Die Zwillinge aus Dortmund gehen jetzt mit ihrem Debütalbum „KIOSK“ auf ihre erste eigene Tour durch Deutschland. Im November fanden die ersten Konzerte statt und im März geht es in die zweite Runde. Im Interview erzählen sie STROBO, was bei ihnen in der Zwischenzeit los war und was sie sich von ihrer Tour erhoffen.

STROBO: Finn und Jonas, zuletzt habt ihr im August 2021 mit STROBO gesprochen. Was habt ihr denn in der Zwischenzeit erlebt und gemacht? Was hat sich verändert?

Finn: Wir hatten damals noch keinen Label-Deal. Wir haben alles mehr oder weniger selbst gemacht. Mittlerweile haben wir ein festes Label, das uns finanziell unterstützt und Kontakte gibt. Wir haben sehr sehr viel gespielt, wir haben ne ganz tolle Band …

Jonas: Und wir haben auch sehr viele Songs geschrieben und zu zweit wahnsinnig viel über Songwriting gelernt. Wie Finn gerade schon gesagt hat, wir haben in der Zeit jetzt bestimmt knapp an die 100 Konzerte gespielt, würde ich tippen. Wenn nicht sogar mehr. Wir haben ein erstes Album veröffentlicht. Das war natürlich auch ein Prozess, in dem man viel dazu lernen musste. Bei einzelnen Singles brauchst du ‘n Cover und vielleicht ‘n Musikvideo dazu. Aber bei dem Album gab ́s so viel mehr Aufgaben als im Single-Business.

Finn: Auf einmal muss jede Single artwork-technisch zum Album passen. Dafür haben wir uns ja dieses ganze Kiosk-Konzept ausgesucht. Gerade im letzten Jahr haben wir uns gefragt: „Wie genau verpacken wir das jetzt ganzheitlich?“

Die Zwillinge Finn & Jonas aus Dortmund machen zusammen Musik. Foto: David Peters.

Finn & Jonas über ihr Album und Ablenkung

STROBO: Welche Bedeutung haben denn Kiosks für euch, dass ihr euch speziell dieses Konzept überlegt habt?

Finn: Da gibt’s diesen einen Kiosk direkt gegenüber von unseren Eltern. Das war einer der ersten Wege, den wir als Kinder alleine ohne Mama und Papa machen durften. Und später haben wir uns dann Bierchen und alles andere da geholt. Unser Label kam auf uns zu und meinte: Überlegt euch mal ein tolles Konzept fürs Album! Dieser Kiosk hat sich dann irgendwie angeboten, weil wir da Videos drehen können, er farbenfroh ist und er sich gut auf den Covers macht. Bei Konzerten haben wir den jetzt immer auf der Bühne nachgebaut: Der Hintergrund ist die Kasse mit dieser Zigarettenwand und dem Schnaps. Auf der Bühne stehen Leuchtelemente, auf denen die Kühlschränke abgebildet sind und unser Keyboarder hat bei sich noch die Süßigkeitenabteilung.

STROBO: Ihr habt in der Zwischenzeit eine Weile in Frankfurt gelebt. Wieso habt ihr euch für den Umzug entschieden?

Jonas: Wenn man freiberuflich ist, hat man natürlich auch mal viel Zeit und in Dortmund waren wahnsinnig viele Ablenkungen. Wir sind umgezogen, einfach um die Distanz zu wahren und wirklich in einen Arbeitsalltag rein zu kommen. Das ist für uns beide auf jeden Fall das Wichtigste gewesen, um nicht im Freiberuflichen unterzugehen.

Finn: In Frankfurt war der Deal mit unserem ersten Label so, dass wir für deren Online-Handel Sachen verpackt haben und dafür durften wir das Studio nutzen. Dementsprechend hatten wir da einfach viel bessere Möglichkeiten, als wir sie hier in Dortmund gehabt hätten.

STROBO: Und was hat euch dann dazu gebracht, doch wieder nach Dortmund zu ziehen?

Jonas: Letzten Endes haben wir da so viel gearbeitet, dass wir keine anderen Menschen kennengelernt haben. Frankfurt ist jetzt nicht wirklich die Stadt, in der man sich so richtig wohlfühlt, wenn man aus dem Ruhrpott kommt. Unser Song „Heimkommen“ zum Beispiel handelt nur von Dortmund und wir können mit gutem Gewissen sagen, dass wir hier eine sehr coole Kindheit und Jugend hatten.

Finn: Wir hatten in Offenbach, also nicht mal direkt in Frankfurt, ein Zimmer zu zweit. Vorher haben wir noch lange im Auto auf einem Hof gepennt und durften dann da duschen gehen. Ich glaube, dass uns das irgendwann n bisschen auf ’n Keks gegangen ist. Und dass man nichts so richtig hat, außer eben die Studios meistens im Keller. Heißt, du bist dann von morgens bis abends im Keller gewesen und dann biste ins Bett gegangen. Und Familie und Freundinnen machen dann doch auch schon was aus.

Jonas: Ein Problem war auch, dass das Label andere Vorstellungen hatte als wir, in welche Richtung es musikalisch so gehen sollte. Sodass wir dann gesagt haben: „Ey, wir machen lieber erstmal zu zweit weiter.“ Wir sind ja auch nicht immer einer Meinung und das überhaupt zu vereinen, war für uns Priorität. Dann haben wir zum Glück einen coolen Produzenten gefunden, der uns da wirklich geholfen hat.

Finn & Jonas sind mit ihrem Debütalbum „KIOSK“ auf Deutschlandtour. Foto: David Peters.

Deutschlandtour mit Klassenfahrt-Gefühl

STROBO: Woher schöpft ihr denn Inspiration für eure Songs?

Finn: Also grundsätzlich hast du eh immer ein Smartphone dabei und wenn dir den Tag über irgendetwas auffällt, ist es am besten, alles immer direkt aufzuschreiben! Aber mir fällt immer wieder auf, dass es auch Sinn macht, ab und zu das Handy wegzulegen. Einfach durch die Gegend laufen und irgendwelche Melodien vor dir her summen und irgendwann kommen dir Worte, da denkst du: „Ach könnte man ja theoretisch mal was draus machen.“

Jonas: Wir beide haben letztes Jahr locker 40 Konzerte gespielt, da sitzt man so viel im Auto und wir beide quatschen dann eigentlich die ganze Zeit nur über dumme Ideen, die man irgendwie verwursten kann. So ist dann auch „Exen“ entstanden. 

Finn: „Piet” war ein echt entscheidender Punkt. Wir haben überlegt, dass wir über die Schwester meines besten Freundes einen Song schreiben. Da kam dieses „Verliebt in die Schwester von Piet“ zustande. Tatsächlich haben wir dann bei einer Autofahrt den kompletten Text geschrieben. Das ist auch das Ding bei unserer Mucke: Wir schreiben sehr wenig über Liebe in dem Sinne, dass wir explizit einer Person einen Song widmen. Dadurch, dass wir viel über Storytelling machen, überlegen wir uns im Vorfeld eine Art Geschichte. Daraus lässt sich dann mehr oder weniger ein Text formen. Was wir gar nicht mehr machen, ist zu sagen: „Wir brauchen einen politischen Song, bloß weil wir keinen haben.” Das funktioniert nicht so cool wie wenn dir auf einmal irgendwann ne Line kommt und du dir denkst: „Das kann man ja doch besingen, ohne dass es platt und einfach klingt!“

STROBO: Ab März 2024 steht der zweite Teil eurer „KIOSK“-Tour an, worauf freut ihr euch da am meisten?

Jonas: Auf die Erfahrungen! Wir waren zwar viel mit unserer Band unterwegs dieses Jahr, aber dann waren das immer nur so zwei oder drei Konzerte am Stück und eben Festivals. Jetzt mal so lange am Stück unterwegs zu sein, ist glaube ich nochmal ne ganz andere Herausforderung, was die Band-Konstellation angeht. Und natürlich zu zocken – live spielen ist der Grund, warum wir das machen. Das macht einfach am meisten Bock

Finn: Meine Vorfreude hält sich tatsächlich noch in Grenzen, weil wir jetzt so viel Organisatorisches im Vorfeld zu erledigen hatten. Und wir haben sehr viel investiert, in den Merch, ins Equipment. Dann musst du musst ein Auto und einen Hänger und so leihen. Das sind alles so Sachen, bei denen man sich denkt: „Scheiße ey, Hauptsache wir verkaufen Tickets, damit wir hinterher nicht fett drauf zahlen müssen!“ Ansonsten freue ich mich aber am meisten auf dieses „Klassenfahrt-Gefühl“, wir sind mit 11 Leuten unterwegs.

STROBO: Mit Musik allein Geld verdienen ist nicht einfach und manchmal mit Glück verbunden. Bei unserem letzten Treffen habt ihr erzählt, dass es euer Ziel ist, von der Musik langfristig auch ohne Nebenjobs leben zu können. Wie sieht’s damit aus?

Jonas: Also Nebenjobs konnten wir an den Nagel hängen. Ob wir jetzt langfristig davon leben können? Ne, ich glaub dafür müssen wir noch ein paar Alben schreiben und verkaufen. Wenn’s mal finanziell n bisschen eng wird, dann hab ich mal in der Baumpflege gearbeitet, so mit Kettensägen und Klettern und so nem Scheiß. Dahin können wir zum Glück immer zurück. Das nimmt natürlich einfach den Druck raus. 

Finn: Im Sommer, wenn wir viele Konzerte spielen, dann können wir „okay gut“ davon leben. Man muss dazu sagen, dass die Sommer-Konzerte auch immer deutlich besser bezahlt werden, als wenn man jetzt selbst auf Tour geht. Jetzt, wo es auf den Winter zugeht, wissen wir halt: Okay, bis März werden wir keine Konzerte spielen. Dann musst du so nen großen Puffer haben, dass du im Dezember, Januar, Februar und März genug Patte zurückgelegt hast, um alles bezahlen zu können. Jetzt sieht’s gerade eher so aus, als würde ich den März nicht schaffen und ich hoffe jetzt einfach, dass wir über die Tour genug Geld verdienen, um im März genug Rücklagen zu haben. Dass der Sommer dann wiederkommen kann.

Finn & Jonas: „Tendenziell einfach weiter ballern“

STROBO: Dieses Jahr neigt sich langsam dem Ende zu. Können wir uns neben der Tour im nächsten Jahr auch auf neue Musik freuen?

Jonas: Ja, wir gehen direkt auf Album Nummer zwei zu. Wir haben gar keinen Bock, Pause zu machen. Wir haben extrem viele Demos rumliegen. Dementsprechend veröffentlichen wir so wie’s aussieht im Dezember direkt ’ne neue Nummer. Im Februar würde dann die zweite kommen und dann im sechs Wochen Rhythmus so weiter. Im Moment sind wir nur mit der Produktionsart von dem ersten Song noch nicht so ganz fertig und zufrieden. Deswegen muss man mal gucken, ob das zeitlich so hinhaut. Aber tendenziell einfach weiter ballern.

Finn: Einfach aufgrund von Spotify und wie das heute funktioniert, wär’s mehr oder weniger dumm jetzt Pause zu machen. Ich glaube wir sind jetzt erstmal gezwungen alle sechs bis acht Wochen Musik rauszubringen bis es funktioniert hat. Was das genau heißt, das ist nochmal ‘ne andere Frage. Aber ich glaube, wir beide haben damit auch überhaupt kein Problem, erstmal so weiterzumachen. Ärgerlicher ist es, wenn die Songs rumliegen und du dir denkst: „Ach, den hätte man ja rausbringen können!“. Wenn ich Musik mache, dann will ich ja auch, dass es Leute hören. Dementsprechend: So viel veröffentlichen, wie es geht!

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