Der Dortmunder Rapper Bennedois hat bereits mit 30 Jahren einen abwechslungsreichen Output mit Auflügen in verschiedene Subgenres des Rap vorzuweisen. Mit STROBO hat er über realitätsferne Szenarien in seinen Texten, musikalische Einflüsse und den Entstehungsprozess seines Albums Toluca gesprochen.
„Moin Meister“, sagt Bennedois lächelnd zur Begrüßung und überreicht mir und dem Fotografen Patrick jeweils eine Kassette seines Albums „Toluca“. Wir reden zu dritt direkt über Dortmund und die Welt und es fällt sofort auf: Mit Bennedois lässt sich bestimmt super das ein oder andere lecker Bierchen trinken und über viele Themen philosophieren. Die Parallele zu seiner Musik fällt auch sofort auf, denn auch musikalisch hat Bennedois, der bürgerlich Benedict Amadeus Schwarzer heißt, einiges zu erzählen.
X, Y, Z: A Space Odyssey. Der wortwörtliche Film mit Babylon Mayne
Vor allem hat Bennedois (Bennedeus ausgesprochen, nicht französisch betont) viel über seine Musik zu erzählen, denn er hat mittlerweile einiges an Output vorzuweisen. Denn wo andere irgendwann merken, dass sie die längste Zeit ihres Lebens am Rauchen sind, ist es bei Bennedois etwas anderes. „Ich habe mit 13 angefangen und mache jetzt seit 17 Jahren Musik. Ich rappe länger, als dass ich nicht rappe!“, sagt er und lacht dabei. Dementsprechend viel hat der gebürtige Dortmunder auch schon erlebt, sowohl lokal als auch digital. Im Internet sammelte er Erfahrung auf MySpace und SoundCloud, die Resonanz half ihm seinen Sound weiterzuentwickeln.
In Dortmund hat der Rapper über einige Umwege zum 44Hustlersyndicate und zu Babylon Mayne gefunden, mit dem er unter anderem die „X, Y, Z“-Alben veröffentlichte. Für die Trilogie ließen die beiden sich stark von Stanley Kubrick beeinflussen und konnten so musikalische und sprachliche Bilder erschaffen, die wenig mit unserer Realität zu tun haben. „Es hat sich dann thematisch immer weiterentwickelt und wir haben auch mit Zombie-Szenarien und Voodoo-Flüchen sämtliche Szenarien irgendwie in unsere Welt gebracht. Das hat maximal Spaß gemacht hat, wenn es weit weg von der eigenen Person ist. So war das der wortwörtliche Film.“ Babylon Mayne produzierte dann das 2020 erschienene „Happy End“, auf dem Bennedois sich dem Trap Metal hingab: „Da hatte ich dann meine Hardcore Metal-Phase und hab mich dann diverse Male heiser geschrien. Da war viel angestaute Wut.“
„Mich langweilt vieles sehr schnell. Vor allem meine eigene Musik“
Auf seine Einflüsse angesprochen, denkt er erstmal etwas länger nach: „Ich bin da sehr ambivalent und höre sehr viel Musik. Also New York Drill und $uicideboy$ mag ich, aber auch Megan Thee Stallion, Cro und Tua.“ Bennedois zählt noch einige weitere Artists auf, grenzt aber auch klar ein: „Die Basis bleiben immer Rap und Hip-Hop-Kultur, das ist es was alles zusammenbringt.“ Mit einem Grinsen im Gesicht fügt er noch hinzu: „Mich langweilt aber vieles sehr schnell. Vor allem meine eigene Musik.“
Diese Langweile durch die eigene Musik erklärt auch, warum das 2022 veröffentlichte Album Toluca nicht den aggressiven Ton der vorherigen Alben anschlägt. Stattdessen geht Bennedois für das Album einen ganz anderen Weg: „Die Mission war, dass es möglichst weit weg von Rap klang. Ich hatte mir die Frage gestellt: Wie klingt Musik, die nicht true to Rap ist?“ Dafür hat er sich auch von Artists inspirieren lassen, die man nicht unbedingt mit Rap assoziiert: „Daft Punk waren ein kranker Einfluss und auch wenn’s musikalisch komplett anders ist, haben mich Nirvana von den Themen her maßgeblich dabei beeinflusst, wie Toluca klingt.“
Bennedois über Toluca: „Das will ich offensichtlich sagen, also warum sollte ich das nicht thematisieren?“
Auch wenn sich dieser Stilwechsel bereits stellenweise dem System Of A Down-samplenden Song „Alles was du hören willst“ und einigen Tracks auf Happy End erahnen lässt, geht Bennedois mit Toluca einen wesentlich ruhigeren Weg als bisher und verarbeitet in seiner Musik das erste Mal andere Emotionen als Wut. „Verlust, Trauer und weitere Themen haben ich hier erstmal angesprochen. Ich dachte mir: Das will ich offensichtlich sagen, also warum sollte ich das nicht thematisieren?“ Den Wechsel erklärt Bennedois zusätzlich auch damit, dass er die Beats von Toluca selbst produziert hat. „Das hat Babylon Mayne mir alles beigebracht und dann konnte ich mein eigenes Ding reinbringen. Wenn du selbst produzierst, kannst du sehr tief bohren und das Endergebnis finde ich sehr interessant.“
Toluca wurde von Bennedois komplett selbst produziert, gemixt und gemastert und kommt auch ohne Feature aus. „Das hat auch seine Zeit gedauert, so zwei Jahre bis es komplett fertig war. Man hört die Entwicklung auch raus, aber gerade das find‘ ich geil.“ Weiter Bennedois bezeichnet Toluca auch als sein bisher wichtigstes Album: „Ich wollte alle Lebensabschnitte und Emotionen besingen, denen ich mich vorher nicht gewidmet habe. Es hat auch einige Überwindung gekostet, sich zu nackt zu machen, aber am Ende bin ich sehr froh, dass gemacht zu haben.“
Bennedois: „Immer weiter Musik machen, das ist meine Devise für die Zukunft“
„Ich bin gerade in der schönen Situation, dass ich Musik nur machen kann, wenn ich Bock drauf hab.“ Und dementsprechend ist ihm auch aufgefallen, dass er seine Musik lieber in Ruhe produziert und veröffentlicht. Denn: „Toluca ist unter Druck entstanden.“ Zusätzlich hat sich auch sein genereller Fokus im Leben geändert: „Ich hatte lange Zeit sehr große Rap-Ambitionen, aber ich habe gemerkt, dass ich auch ein paar andere Sachen habe, die ich liebe und gerne mache.“
So studierte Bennedois Journalismus und PR in Gelsenkirchen und lernte unter anderem Social Media-Arbeit, schneiden und fotografieren. Seit einiger Zeit arbeitet er als Social-Media-Manager und -Writer bei Error, einer Kreativagentur für Culture Marketing. Auf seinen bisherigen musikalischen Erfolgen will er aber auch weiter aufbauen: „Ich mag meine letzten Auftritte sehr. Wenn man sich auf eine Bühne stellt, die Sachen, die einem was bedeuten, sagt und dann vom Publikum auch Feedback bekommt, das ist voll geil.“
Folgerichtig schließt er über seine Zukunftspläne: „Immer weiter Musik machen, das ist meine Devise für die Zukunft. Ich habe noch unglaublich viel auf eine melancholische Art zu sagen und ich will die besten Worte auf die für mich besten Beats packen.“
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