Seit Monaten schwappt ein Running-Club-Hype durch Deutschland. Ein moderner Community-Gedanke, niedrigschwellige Eintrittsstrukturen und der Fokus auf das gemeinsame Lauferlebnis versprechen ungezwungenes Socializing. Der CNDO Running Club Dortmund trifft sich jeden Sonntag um 12. „Touch Grass. Together“ – lautet das Versprechen der Bewegung. Doch wie einfach ist es wirklich neue Menschen kennenzulernen?
Lesedauer: 5 MinutenRückblick: Es ist der 24. März 2024. Phoenix-West-Platz, Dortmund Hörde. Zehn junge Menschen treffen sich, um gemeinsam zu laufen – der Startschuss für den CNDO Running Club in Dortmund. 52 kilometerreiche Sonntage später ist der Grundgedanke derselbe. Doch aus zehn Menschen sind 70 geworden. Fester Treffpunkt ist das Café Beezou am Dortmunder Phoenix-See. Und die Community lebt. CNDO atmet.
Ein Jahr später: Ein Sonntag im März. Leichter Nieselregen wirft dunkle Silhouetten auf den See. Milde Temperaturen kündigen entfernt den Frühling an. Windböen ziehen durch die Hörder Innenstadt. Es ist zehn Minuten vor Zwölf. Aus allen Himmelsrichtungen traben Menschen in Laufklamotten in Richtung Café – manche in Gruppen, die meisten allein. Das Wetter scheint niemanden abzuhalten. Ein junger, großgewachsener Mann in schlichtem Run-Outfit stellt ein paar Beachflags vor das Café, daneben ein paar Kisten für Wertgegenstände. In der Hand hält er ein Megafon.

Anschluss finden ohne Commitment
„Hier sind schon Menschen hergekommen, die noch nie gelaufen sind. Wenn die sich dann irgendwann für einen Halbmarathon anmelden, berührt uns das schon“, erklärt Leon Dahlhausen. Gemeinsam mit Marvin Kolleck hat er den CNDO Running Club in Dortmund zum Leben erweckt. Luis Moody kam als dritter Host vor ein paar Monaten dazu. Aus der simplen Idee, Menschen zusammenzubringen, ist eine beständig wachsende Community geworden. „Leute, die neu in der Stadt sind, können Anschluss finden, ohne sich zu irgendwo zu committen oder anzumelden. Laufen ist einfach. Es gibt keine Hürden. Jeder ist willkommen“, beschreibt Leon die Vision von CNDO.
Die Inspiration stammt vom anderen Ende der Welt. Als der 26-Jährige vor einem Jahr sechs Wochen in Sydney war, hat ihn der Running-Club-Hype motiviert: „Wir sind mit 200 Leuten durch die City gelaufen. Der Vibe war mega. Warum sollte das nicht auch in Dortmund funktionieren“, erinnert sich Leon Dahlhausen. Als CNDO zeitgleich Hosts für einen Running Club in Dortmund suchte, kam eins zum anderen. „Marvin und ich haben kurzerhand gesagt, wir probieren das. Und es hat von Anfang an gepasst“, blickt der gebürtige Dortmunder zurück.
„Ich laufe mit, weil ich in der Gruppe nicht so viel nachdenke”
Mittlerweile ist es 12 Uhr. Der kleine Platz am Fred-Ape-Weg in Hörde ist voll. Knapp 50 Menschen, bunt gemischt, warten auf den Start des Warm-Ups. Lockeres Getuschel, obgleich sich hier viele kaum kennen. Der windige Frühlingstag wirkt gleich etwas wärmer.


Leon hebt das Megafon: Ein paar Begrüßungsworte, dann ein paar Aufwärmübungen. Lächelnde, motivierte Gesichter. Jeder macht mit, alle scheinen motiviert. Die eine Hälfte ist regelmäßig hier, die andere zum ersten Mal. Routine trifft auf gespannte Erwartung. „Okay, wir gehen jetzt in die zwei Pacegroups, viel Spaß“, ruft der Dortmunder in den Halbkreis. Schnell bilden sich zwei gleichgroße Schwärme. Die schnellere Gruppe läuft knappe acht Kilometer Richtung Phönix-West-Gelände, die langsamere einmal um den See – etwa vier Kilometer.
Zügig entfernen sich beide Scharen voneinander. Während Leon die erste Gruppe anführt, joggt Luis mit der zweiten. Trotz seiner Leader-Rolle läuft er am Ende der Gruppe. „Das Wichtigste ist, dass niemand abgehängt wird. Das gemeinsame Laufen zählt“, erklärt Luis. Auf halbem Weg um den See wird der Regen stärker, der Schotter weicher, doch die Gruppe bleibt dicht zusammen.
„Ich laufe mit, weil ich in der Gruppe nicht so viel nachdenke. Kein Selbstzweifel, nichts Kritisches, einfach nur laufen“, sagt Luca. Er war bereits einige Male am Start. Ursprünglich kommt er aus Italien. Zum Studieren ist er vor ein paar Jahren nach Dortmund gekommen.
„Es gibt nun mal keine Ausrede in der Gruppe, kein Hinterfragen des Tempos, kein Druck, eine Art Selbstverständlichkeit“, schmunzelt Luca-Marie, die zum zweiten Mal mitläuft.
Fester Treffpunkt: Café Beezou
Kurz vor dem Ende kreuzen sich beide Gruppen am See. Leon schwingt eine Flagge mit der Aufschrift „CNDO“. Unter motivierenden Anfeuerungsrufen passieren sich die Pacegroups. Einige tauschen, docken bei der schnelleren Gruppe an. Final gibt es einen Schlusssprint – für alle, die noch Luft haben.

Am Café angekommen, warten Snacks, Wasser und Kaffee. Die Kooperation mit dem Café Beezou besteht erst seit drei Monaten. Vorher haben die Organisatoren selbst für After-Snacks und Getränke gesorgt. „Es ist ein Win-win für uns beide. Das Café bekommt Reichweite und die Plattform durch unsere Aufmerksamkeit. Wir bekommen einen festen Spot und Unterstützung beim Run“, erklärt Leon. „Letztendlich haben wir dieselbe Community. Ihr Fokus liegt auf Health und Organic Food.“
Neben dem sonntägigen Social Run findet jeden Mittwoch um 18 Uhr ein Intervalllauf auf der Tartanbahn im Hoeschpark im Dortmunder Nordosten statt. Zukünftig soll ein regelmäßiges Pilates-Workout etabliert werden.
Ohne Ängste ins Gespräch kommen
Der CNDO-Club scheint den aktuellen Zeitgeist zu treffen, was die kontinuierlichen Teilnehmerzahlen beweisen. „Der harte Kern besteht aus 20-25 Leuten. Insgesamt waren hier aber bestimmt schon 500 Menschen am Start“, blickt Leon auf das letzte Jahr zurück. „Sport ist gerade in. Das spürt man in dem Vibe, den die Leute hier versprühen und wie es ankommt“, erklärt der 25-Jährige.
Eine Woche später sollen die letzten 365 Tage gefeiert werden – in Form des „CNDO Dortmund Anniversary Events“. Nach entspanntem Lauf warten DJ, After-Snacks und Getränke. „Jeder ist willkommen. Völlig egal, ob regelmäßig oder zum ersten Mal dabei“, sagt Leon.

Laut dem Dortmunder geht die Bedeutung des Running Clubs weit über den Sport-Aspekt hinaus. „Mein Eindruck ist, dass es seit Corona schwieriger geworden ist, Menschen in einem ungezwungenen Umfeld kennenzulernen. Wir versuchen die Hemmschwelle niedrig zu halten. CNDO soll ein inklusiver Club für alle sein. Die Leute sollen ohne Ängste ins Gespräch kommen und das Laufen vereint uns irgendwie alle für den Moment.“
Wo der Weg von CNDO in Zukunft hinführen wird, steht in den Sternen. Sicher ist, die Running-Club-Szene wächst – und Dortmund ist ein Hotspot.
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