Filmfans aufgepasst: Vom 06. bis 12. November findet die Duisburger Filmwoche statt. Das Filmfestival versammelt dreiundzwanzig ausgewählte Dokumentarfilme aus über fünfhundert eingereichten Einsendungen. Begleitet wird die diesjährige Festivalausgabe von einem Motto, das andere Denkwege einzuschlagen ermutigt.
Alle Jahre wieder lockt die Duisburger Filmwoche im November ins filmforum am Dellplatz. Das Konzept des Festivals bleibt dabei beständig: Ausgewählte Dokumentarfilme werden gezeigt und in anschließenden Filmgesprächen diskutiert. Neben den Filmemacher:innen kommen in diesem Jahr auch ausgewählte Protagonist:innen zu Wort und geben Impulse zum Weiterdenken. Ob Erlebnisse queerer Menschen in den strengen Kreisen orthodoxer Jüdinnen und Juden in Israel oder die Aufarbeitung rechtsextremistischer Gewalt in Deutschland – die diesjährige Filmauswahl deckt ein breites thematisches Spektrum ab. Eine Vielzahl der ausgewählten Filme sind die Erstlingswerke junger Künstler:innen.
Neues Motto zeigt die Stärken des Dokumentarischen
„Im Geradeaus verlaufen“. Das diesjährige Motto steht ganz im Kontext der Gegenwart, darunter Themen wie die Klimakrise, ein Leben im kapitalistischen Wachstum oder strenge religiöse Normen. Das Festival stellt die Frage: Inwiefern geht es immer weiter geradeaus? Wann gilt es, andere Wege zu gehen und von dem breitgetretenen Pfad abzukommen?
Die diesjährigen Dokumentarfilme stehen im Zeichen einer Pause, die den Status quo unserer Situation befragt. Sie geben Anlass, gängige Realitäten zu hinterfragen, aber auch Unbekanntes kennenzulernen. Und sie öffnen (Denk-)Wege, die sich von gängigen Praktiken abheben oder offenbaren Missstände, die mit dem erdachten „Fortschritt“ unserer Zeit einhergehen.
„Die eingeladenen Filme zeigen Wirklichkeiten eher offen als geordnet, sondern als. Sie zeigen die Gegenwart so, dass sie auch anders denkbar wird. Unser Programm ist eine Einladung ins Kino, ins dunkle Geradeaus, in dem sich Blick und Gedanken verlaufen können“, erklärt Festivalleiter Alexander Scholz.
Da es keine parallelen Filmvorstellungen, sondern eine lineare Programmstruktur gibt, haben Zuschauer:innen die Möglichkeit, alle Filme zu sehen. An jeden Film schließt sich ein Filmgespräch an, das von Mitgliedern der Auswahlkommission moderiert wird.
Blinde Flecken sichtbar machen: zur diesjährigen Filmauswahl
Aus über fünfhundert Einsendungen hat auch in diesem Jahr die Kommission der Duisburger Filmwoche eine beschauliche Auswahl getroffen. Filme, die sich thematisch rund um den Globus bewegen und in heterogene soziale Milieus eintauchen. Gemeinsam haben sie allerdings ihre ästhetische Kraft sowie soziale und politische Relevanz.
Da wäre zum Beispiel Achshav at ahat mishelanu (07.11. um 9:30 Uhr) von Maya Steinberg. Ein Film, in dem sich die Filmemacherin als queere und säkulare Frau auf die Spuren ihrer strengen jüdisch orthodoxen Verwandtschaft nach Israel begibt. Ist der familiär vorgezeichnete Weg religiösen Lebens ein Weg für sie?
Am Mittwoch geht es mit Julian Vogels Dokumentarfilmen um die Aufarbeitung rechtsextremer Gewalt in Deutschland. Die drei Teile aus der Reihe Einzeltäter thematisieren nacheinander die rassistisch motivierten Attentate im Münchener Einkaufszentrum (2016), in Halle (2019) und zuletzt das Attentat in Hanau (2020). Einzeltäter geht dem Irrglauben auf den Grund, es hier tatsächlich mit „Einzeltätern“ zu tun zu haben, indem die drei Filme rassistische Strukturen erkennbar machen. Erstmals kommen im Rahmen der Nachbesprechung neben dem Produktionsteam auch Protagonist:innen zu Wort.
Sehenswert ist auch Mâna care taie (09.11. um 20:00 Uhr). Der Film zeigt das beschwerliche Leben osteuropäischer Arbeitsmigrant:innen während der saisonalen Gastarbeit in Österreich. Die Filmemacherin Alexandra Tatar begibt sich mit ihrer Mutter aus Rumänien in das Wiener Umland, um den Hintergründen der österreichischen Qualitätsweinidylle nachzuspüren. Es entstehen Eindrücke einer Arbeitsatmosphäre, die den glamourösen Konsumattitüden deutlich entgegenstehen.
Im ständigen Dialog miteinander
Die Duisburger Filmwoche setzt während des gesamten Programms auch Weiterbildungsangebote für junge Studierende und Interessierte um. Zehn Universitäten nehmen vor Ort am Programm teil. Neben Gesprächsrunden mit der Festivalleitung, Filmemacher:innen und Co. wird es unter anderem Workshops der Kameraführung geben. Junge Journalist:innen finden sich in einem Workshop ein, um gemeinsam über die Dokumentarfilme zu schreiben. Auch die Filmgespräche eignen sich, um Hintergründe zu den Entstehungsprozessen zu erfahren.
Eine weitere Besonderheit: Alle Diskussionsrunden werden protokolliert und anschließend archiviert. Auf protokult.de, dem festivaleigenen Archivportal, sind alle Protokolle seit 1978 frei zugänglich und bieten spannende Einblicke in Entstehungsprozesse und Motive der Filmemacher:innen.
Am Samstag schließt das diesjährige Programm mit einer Preisverleihung, bei der Jurys verschiedener Kategorien hoch dotierte Preise (auch an Nachwuchsfilmer:innen) im Gesamtwert von 23.000 Euro verleihen.
Das gesamte Programm sowie Tickets zu den einzelnen Vorstellungen findet Ihr auf der Seite der Duisburger Filmwoche.
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