IVORY: House-Open Airs als Alternative zu derzeitigen Techno-Szene im Ruhrgebiet

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Wer am Wochenende im Ruhrgebiet zu elektronischer Musik unterwegs ist, hört in vielen Clubs vor allem eins: Techno und härtere, schnelle Sounds. Das Veranstaltungskollektiv IVORY will einen musikalischen Gegenpol schaffen. STROBO hat sich die erste Veranstaltung angeschaut.

Es sind noch nicht viele Menschen vor Ort an diesem Sonntag, da dröhnt schon Funk und House vom Dortmunder Max Gyver aus den Boxen, die vor einer Bühne im Innenhof des Haus Wittens aufgebaut sind. Auf den Sofas sitzen bereits einige Menschen und unterhalten sich angeregt mit der Sonne im Gesicht und Drinks in der Hand. Das Haus Witten war mal eine Burg, jetzt finden hier kulturelle Events aller Art statt, an diesem Tag feiert in der Gaststätte eine Familie Kommunion und IVORY hat zum Sonntags-Rave nach Witten geladen.

IVORY: Gegenpol zur Underground-Rave-Szene

IVORY – das ist ein Veranstaltungskollektiv, das sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt hat, einen Gegenpol zur Underground-Rave-Szene im Ruhrgebiet zu schaffen. Jan, Helen, Josh und Maximilian, alle um die 25 herum und die Köpfe hinter IVORY, kommen selbst aus dem Ruhrgebiet und hätten irgendwann nicht mehr die Partys gefunden, auf denen die Musik läuft, die ihnen gefällt, so Maximilian. Er legt selbst auf und übernimmt für den Essener Goethebunker die Kommunikation. „Es gibt hier schon einiges, aber das ist auch mehr der härtere Techno. Wir wollten das alles ein bisschen offener gestalten: Bisschen heller, bisschen freundlicher“, erzählt er im Backstage-Raum und Helen ergänzt: „Es wird immer härter und schneller. Da wollen wir genau das Gegenteil vermitteln.“ Konkret soll das bedeuten: lokale und internationale Acts aus dem House-Bereich, einzigartige Locations und eine Atmosphäre, in der Leute Spaß haben und vielleicht nicht nur „straight forward“ zum DJ schauen.

Veranstaltungskollektiv IVORY erhält Professionelle Umsetzung und Unterstützung von der Stadt

Vieles spricht dafür, dass sie es ernst meinen. Die Stadt Witten hat sie finanziell unterstützt und IVORY in den überall hängenden Plakaten des Kultursommers aufgeführt. Auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gibt es jetzt. Natürlich kann von Geld verdienen keine Rede sein, es gehe erst einmal darum, seine Vorstellungen einer Party umzusetzen, sagen die Mitglieder. „Der beste Lohn ist für uns erst einmal, dass die Leute Spaß haben und das klappt“, fasst Maximilian die Motivation zusammen, aber fügt auch hinzu: „Am Anfang muss man auf die Kacke hauen und auffahren, damit man auch im Kopf bleibt.“

Sonntags-Rave in Witten: Bunte Sommeroutfits und ausgelassene Stimmung

Gegen frühen Abend füllt sich der Innenhof. Menschen in bunten Sommeroutfits und Sonnenbrillen tanzen zur Musik der weiteren DJs Spoeki & Badi, Fafi Abdel Nour und Alex Kassian, unterhalten sich Kopf nickend zum Takt oder entspannen im umliegenden kleinen Park. Immer wieder tummeln sich Leute mit mehreren vollen Bier-Bechern durch die Menge und versuchen, die Getränke erfolgreich zum Ziel zu bringen. Hier und da grüßen sich Gruppen mit herzlichen Umarmungen und tauschen einen kurzen Smalltalk aus. Alle scheinen gute Laune mitgebracht zu haben – vielleicht, weil jetzt auch Sonntag etwas geht und weil das Wetter einfach mitspielt. Alle wären im Vorfeld aufgeregt gewesen, ob die Menschen ihre Vorstellungen von einer gelungenen Party teilen, so Jan, aber jetzt seien alle 350 Tickets verkauft worden. Und Joscha von der Werkstadt Witten – heute privat hier, um sich das Event mal anzuschauen – fasst die Stimmung wie folgt zusammen: „Es funktioniert. Gute Musik an einem Sonntag. Es funktioniert.“

Kollektiv Ivory plant weitere Partys im Sommer

Das tut es tatsächlich. Zwar erfordert die Professionalität, mit der IVORY die erste Party geplant hat, mehr Zeit, Geld und Herzblut als mit einem illegalen Rave einfach mal zu starten, allerdings wird der Mut mit guter Stimmung belohnt. Das Konzept – sollte das Kollektiv am Ball bleiben – ist schon jetzt eine Bereicherung für die musikalische Vielfalt im Ruhrgebiet und könnte vielleicht wirklich Vorreiter einer Gegenbewegung zur derzeitigen Rave-Szene sein. Aber jetzt wollen sie erstmal die nächsten zwei Partys starten, die am 26.06. und 28.08. stattfinden. Dann soll es im Herbst Indoor weitergehen.

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