Innere Dämonen und der Weg heraus: Drens im Interview über ihr Debütalbum HOLY DEMON

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Mit „HOLY DEMON“ bringt die Dortmunder Surfpunk-Band Drens heute ihr Debütalbum heraus und taucht damit Gefühle wie Einsamkeit und Gelähmtheit in ein sommerliches Gewand. Im STROBO-Interview erzählt Sänger Fabian von inneren Dämonen, dem Erscheinen auf dem Soundtrack von „How to sell Drugs online (fast)“ und der anstehenden Tour.

STROBO: Fabian, euer Album “HOLY DEMON”, das heute rausgekommen ist, thematisiert passend zum Titel negative Gefühle wie Einsamkeit und Neid aber auch Gelähmtheit, dagegen anzugehen. Wie seid ihr zu diesen Themen gekommen?

Fabian: Bei mir persönlich war es so, dass ich vor der Corona-Pandemie meinen Vater unerwartet verloren habe und wir uns nicht verabschieden konnten. Dazu hatten wir längst nicht das beste Verhältnis. Das alles hat dazu geführt, dass in meiner Trauer auch sehr viel Wut darüber war, wie alles gelaufen ist. Das spiegelt sich auch in dem Einsamkeits-Aspekt wider, der immer wieder auf der Platte aufgegriffen wird. Dann kam noch die Pandemie dazu, die wie ein Kompressor für diesen komischen Zustand gewirkt hat. Dadurch bin ich irgendwann in ein Loch gefallen. Das war bei mir ein großes Thema.

Durch “HOLY DEMON” haben wir als Band viel miteinander gesprochen und ich musste mich öffnen. Das war ziemlich heilsam. Deswegen war das Album mein Boxhandschuh, mich ein Stück weit zurückzukämpfen. Und auch die anderen Bandmitglieder sind nicht durch die einfachsten Phasen gegangen. Die Arbeit am Album hat uns innerlich zusammengeführt, trotz Pandemie und Lockdown. Wir haben alle gelernt, über unsere Gefühle zu reden.

STROBO:Inside – DRENS

Drens ist eine Surfpunk-Band aus Deutschland, die unter anderem mit ihrem Erscheinen auf dem Soundtrack von „How to sell Drugs online (fast)“ für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Die Mitglieder Fabian (30, Gesang, Gitarre und Schlagzeug) und Arno (30, Gesang und Gitarre), Patrick (29, Bass) und Joel (30, Gitarre und Schlagzeug) machen seit 2018 zusammen Musik. Mit “HOLY DEMON” ist nun ihr Debütalbum bei Glitterhouse Records erschienen. Produziert wurde es von Zebo Adam, der auch Bilderbuch produziert.

Drens aus Dortmund bringen mit „HOLY DEMON“ ihr Debütalbum raus

STROBO: Auch euer Artwork zeigt ein Dämon, der einen Boxer hochzieht. Wofür steht dieses Bild?

Fabian: Der Gedanke dahinter ist, dass es völlig okay und normal ist, wenn deine Dämonen zu stark in dir werden und du dich nicht aus ihrer Umarmung lösen kannst. Es ist das Natürlichste der Welt, zerbrechlich zu sein. Es hat auch nichts mit Schwäche zu tun, sondern eher mit Stärke, zuzugeben, dass seine äußere Hülle nicht so stark ist, und seine inneren Ängste und Zweifel gerade etwas überhandnehmen. Der Boxer steht für uns selbst, und für den Zustand, in der Umarmung des Dämons zu hängen, aber immer noch die Boxhandschuhe zu tragen – also nicht vollkommen aufzugeben.

"HOLY DEMON" ist das Debütalbum von Drens.
STROBO hat mit Sänger Fabian (Mitte) gesprochen. Fotos: Jonas Wenz.

STROBO: Das Album wie auch euer Titeltrack heißen ja auch “HOLY DEMON” – ist das eine Anspielung darauf, den inneren Dämonen als Heiligen eine gewisse Daseinsberechtigung zu geben?

Fabian: Das bringt es gut auf den Punkt. Es ist menschlich, dass man seine inneren Probleme hat. Zuzulassen und zu erkennen, was einen bewegt, ist der erste Schritt, um aus den Löchern rauszukommen, in die man fallen kann. “Holy” spricht diesen Zustand an, wenn die Dämonen zu groß und fast schon heilig werden. Man sollte diese Gefühle zulassen, aber auf keinen Fall zu groß werden lassen.

STROBO: Musikalisch verpackt ihr diese Themen allerdings in einem fröhlichen und hellen Gewand – ihr liefert auf dem Album einen sommerlich-punkigen Sound. Wieso war euch das wichtig?

Fabian: Obwohl die Platte sogar teilweise auch etwas ernster klingt, als das was wir vorher gemacht haben, ist uns diese positive Grundhaltung trotzdem wichtig. Es ist wichtig, den Kopf hochzuhalten, um aus der Umarmung der Dämonen rauszukommen und sich auf die schönen Dinge im Leben konzentrieren zu können. Das Leben kann nämlich ziemlich schön sein, wenn man es zulässt. Das Musikalische spiegelt auf dem Album also unseren Sehnsuchtsort wider, das Positive, während die Texte der Ist-Zustand waren.

STROBO: Ihr habt “HOLY DEMON” zudem in einer krisengeprägten Zeit produziert – erst kam die Pandemie, jetzt der Krieg in der Ukraine. Wo finden sich diese Krisen in eurer Musik wieder?

Fabian: Gerade der erste Lockdown hat uns extrem hart getroffen – das ging natürlich allen so ein Stück weit. 2019 und Anfang 2020 haben wir sehr viel live gespielt und viele verschiedene Orte gesehen und durch die Pandemie hat sich unsere Lebenswirklichkeit von 0 auf 100 gedreht – das war ein krasser Realitäts-Shift. Zum Teil haben wir darüber nachgedacht, ob es überhaupt Sinn ergibt, eine Band zu sein. Dieses Gefühl hat sich für uns über den ersten Lockdown gezogen. Den Weltschmerz spürt man auf der Platte.

STROBO: Ihr habt für das Album mit dem Produzenten Zebo Adam zusammengearbeitet, der beispielsweise für seine Produktion der Bilderbuch-Alben bekannt ist. Inwiefern hat das euren Stil auf der “HOLY DEMON” beeinflusst?

Fabian: Wir kannten Zebos Arbeit durch Bilderbuch und die Beatsteaks – beides Bands, die wir sehr mögen. Zebo hat schnell verstanden, wo wir hinwollen und unsere Idee geteilt. Das hat uns zum einen soundtechnisch etwas gegeben, er hat uns manchmal auch die nötigen Arschtritte verteilt (lacht). Es gab Tage, bei denen unsere Fingerkuppen geblutet haben, wir aber weitergemacht haben, weil wir alles in unsere Musik reinlegen konnten. Das hört man auch. Dann kam auch hinzu, dass Zebo sich auf der Zugfahrt nach Österreich teilweise noch ein paar Grungeplatten, zum Beispiel von Nirvana, angehört hat, weil ihn unsere Songs daran erinnert haben. Dadurch ist ein besonderer Vibe auf dem Album entstanden.

STROBO: Die Grunge-Elemente sind auf dem Album ja auch zum Teil sehr präsent.

Fabian: Genau, Grunge ist ein Element, das auf der Platte Einzug gehalten hat. Ich finde cool, dass unser Album an die Ideen von Nirvana anknüpft, sich aber noch in eine modernere Richtung weiterentwickelt hat. Wir haben uns Grunge aber nicht bewusst vor der Produktion angehört. Es waren eher die inhaltlichen Umstände, die für uns dafür gesorgt haben, Elemente vom Genre zu übernehmen und andere Geschwindigkeiten auszuprobieren.

Zwischen Sehnsuchtsort und Ich-Realität: "HOLY DEMON" verbindet ernste Gefühle mit sommerlichen Sounds. Fotos: Jonas Wenz.

STROBO: Ihr konntet in eurer Zeit als Band schon einige Erfolge feiern – unter anderem, dass ihr mit “All My Friends Got Time“ im vergangenen Jahr Teil des Soundtracks der dritten Staffel von „How to sell Drugs online (fast)“ geworden seid. Wie habt ihr die Zeit erlebt?

Fabian: Die Anfrage war für uns völlig surreal, weil wir auch vorher Fans der Serie waren. Das war natürlich voll schön. Als die Staffel rauskam, waren wir alle verteilt im Urlaub, haben aber zusammen telefoniert und die Folge geschaut. Jetzt gibt es sogar viele Videos aus Südamerika, die diesen Song beinhalten – das ist schon krass.

STROBO: Ein weiterer Höhepunkt war sicherlich euer Auftritt beim WDR Rockpalast / Crossroads Festival.  Der Rockpalast ist in der Musikszene ja seit Jahrzehnten legendär. Wie habt ihr euch gefühlt, die Chance zu bekommen?

Fabian: Es gab auf jeden Fall Konzerte, bei denen wir weniger aufgeregt waren (lacht). Krass war für uns auch, dass es das erste Konzert seit langer Zeit war und wir dann direkt für eine Rockpalast-Aufzeichnung spielen konnten. Das ist uns gerade aufgefallen, als wir beim Soundcheck waren, alle Kameras getestet wurden und dann das ikonische blaue Rockpalast Schild im Hintergrund hing. Es war cool, damit aus der konzertlosen Zeit rauskommen zu dürfen.

STROBO: Und Live geht es ja auch bald für euch weiter. Im Juni startet eure HOLY DEMON-Tour, ihr habt am 2. Juni im FZW eure Album-Releaseshow. Ihr spielt dabei in ganz Deutschland – aber auch eine Show in Prag. Wie seid ihr zu dieser internationalen Location gekommen?

Fabian: Wir haben in den letzten Jahren immer mal wieder in Prag und Tschechien gespielt. Das coole ist, dass die Band uns dahin gebracht hat – vorher war niemand von uns in Prag. Wir haben dort im Sommer letzten Jahres auf einem Festival gespielt und die Leute sind total ausgerastet. Da haben wir bemerkt, dass was wir machen, den Leuten etwas bedeutet. Deswegen wollten wir wieder nach Prag. Wenn du dann dahin kommst und die Leute deine Texte mitsingen können, ist das immer ein krasses Gefühl – überall.

STROBO: Du hast in einem Interview gesagt, dass es für dich das aufregendste an eurer Musik ist, sie live zu spielen. Was erwartet uns bei eurer Tour?

Fabian: Das FZW Release-Konzert am 2. Juni sticht noch einmal etwas heraus, das wird besonders. Der Plan ist nämlich, dass wir dort das komplette Album spielen – natürlich mit alten Sachen gemischt. Unsere Akkus sind komplett geladen. Wir wollen, dass unsere Hände nach dem Konzert so aussehen wie nach den Aufnahmen in Österreich.

Wir waren vor der Pandemie an einem Punkt, an dem Drens-Konzerte etwas Intensives waren – für uns und für die Leute, die gekommen sind. Es bedeutet uns viel, dass sich die Menschen auf unseren Konzerten fallen lassen und den Moment genießen können. Und wir haben richtig Bock, an diesen Moment anzuknüpfen. Wir können nicht erwarten, das wieder zu erleben.

Vor ein paar Wochen mussten wir unseren Auftritt beim Popsalon-Festival in Osnabrück absagen, weil wir uns mit Corona angesteckt haben. Da hat es bei uns in der Band Frust-Tränen gegeben. Wenn das Konzert im FZW stattfindet, wird es aber Freudentränen geben, weil wir seit zwei Jahren auf diesen Moment warten.

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Dieser Artikel wurde gefördert durch den Regionalverband Ruhr.

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