Warum sich das PollerWiesen überschätzt hat

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HÖR-Stage, internationale Künstler:innen und Tausende von Gästen: Das PollerWiesen ist das Event in Dortmund, wenn es um Techno geht. STROBO-Autorin Anastasia war vor Ort.

Wald. Strand. Wiese.

Techno. Techno. Techno.

Mehr muss man zum PollerWiesen nicht sagen. Oder doch? In diesem Jahr leisteten sich die Veranstalter:innen leider ein paar Fehler und ließen viele Besucher:innen frustriert zurück.

Aber fangen wir von vorne an: Was als illegaler Open-Air-Rave in Köln begann, ist nun ein fester Bestandteil der Elektro-Szene in NRW. Das PollerWiesen, benannt nach dem ersten Eventort, den Poller Wiesen am Rhein, veranstaltet seit 1993 jährlich Parties in Köln. Seit einigen Jahren findet ein Ableger des Festivals auch im Dortmunder Revierpark Wischlingen statt.

Die Anlage

Auch in diesem Jahr standen um die 10.000 Besucher:innen vor den fünf Bühnen. Auf denen läuft wahlweise House, Trance, Disco, Techno – you name it. Dabei macht das Festival vieles richtig: Das Gelände an sich ist top, bis auf die Bühne im Wald, worauf wir später zu sprechen kommen, ist überall ausreichend Platz, Leute sitzen auf Decken im Schatten, hören sich die Musik von erhöhten Hügeln aus an oder stehen mit in der Menge. Wer will, kann an der Beach Stage mit Blick auf den See Sand zwischen den Füßen spüren. Welcome to Ibiza.

Die Musik

Kommen wir zum wichtigsten Pull-Faktor eines Festivals: Das Line-Up. Und das war in diesem Jahr stark: International bekannte Künstler:innen wie Ellen Alien, Kobosil oder Southstar waren genauso anzutreffen wie NRW-based Artists, die jedoch eher zu Beginn am Vormittag oder auf den Afterhours im Junkyard und Tresor.West gespielt haben. 

Mit der HÖR-Stage des gleichnamigen Berliner Streamingdienstes (ihr kennts: DJs, Kacheln, Fischauge) brachte das Pollerwiesen frischen Wind und aufstrebende Artists mit nach Dortmund. Besonders in Zeiten, wo Techno ins Unendliche gehyped wird, zieht ein sehr Berlin-lastiges Line-Up total und trotzdem: ein bisschen mehr Lokalpatriotismus schadet nie. Bis vor zwei Jahren war die Kittball Stage, des gleichnamigen Dortmunder Labels, noch fester Bestandteil des PollerWiesen. Natürlich braucht es große Namen und mehr als die drei Residents aus den bekannteren Clubs des Ruhrgebiets, um Leute auf ein Festival zu holen. Aber am Ende macht es die Mischung und ist der Grund, warum sich das PollerWiesen in Dortmund von anderen Festival unterscheiden kann.

Besonders bei dem sehr gemischten Publikum – Tiktok-Raver:innen stampften Seite an Seite mit PollerWiesen-Veteran:innen und traurigen BVB-Fans, die spontan ein Alternativprogramm suchten – funktionierte das Line-Up am Ende jedoch gut.

Das Wetter

Während das Wetter im vergangenen Jahr das PollerWiesen mit Regen bestraft hatte, schien in diesem Jahr die Sonne ohne Ende. Um es kurz zu sagen: Es war brutal warm für Ende Mai. Unverständlich war daher, wie die Veranstalter:innen es verantworten konnten, keine kostenlosen Trinkwasseranlagen bereitzustellen oder zumindest Wasserflaschen umsonst auszugeben. Dazu kam, dass eine 0,5 Liter Wasserflasche drei Euro kosten sollte.

An einigen Verkaufsständen, so berichteten es Festivalbesucher:innen, war das Wasser am Nachmittag komplett ausverkauft. Auf Kritik über Instagram reagierten die Veranstalter:innen mit den Festivalvorgaben: 1,5 Liter durften pro Person auf das Gelände gebracht werden. Auf die Vorwürfe zur Wasserversorgung und der folgenden Situation an der Wood-Stage schickte STROBO einen Fragenkatalog an die PollerWiesen-Veranstalter:innen. Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung meldeten sich diese nicht zurück.

Heartbreak bei Dj Heartstring

Stell dir vor, du baust eine nice, kleine Stage mitten in den Wald. Es ist schattig, die Leute haben genug Platz zum Tanzen und sind auf Augenhöhe mit den Künstler:innen. Und dann ganz am Ende des Abends soll einer der Newcomer des vergangenen Jahres, das Dj-Duo DJ Heartstring, dort spielen, wo nicht mehr als um die 200 Leute gleichzeitig stehen können. Chaos vorprogrammiert. 

Um die Massen an der kleinsten Stage zu kontrollieren, ließ das Sicherheitspersonal nur schubweise Besucher:innen zur Stage. Der Rest musste vor zwei Metallgittern warten. Das Gelände um die Bühne war umzäunt, es gab keinen Zugang ohne die Männer an den Gittern. Klar ist es nervig, 15 bis 20 Minuten anzustehen, um zu einer Bühne zu kommen, für die man bis zu 50 Euro Festival Eintritt bezahlt hat. Aber so baut man künstlich Interesse und Exklusivität auf.

Dass ab etwa 19.30 Uhr niemand mehr zu der Stage gelassen wurde und sich die Menge in dem Gang vor den Gittern drängte, ist gefährlich und darf so nicht vorkommen. Über eine Stunde warteten Besucher:innen auf den Einlass zur Bühne, bis dann die Ansage von den Veranstalter:innen kam: Der Einlass schließt und der Künstler spielt verkürzt. Wie voll es vor der Bühne zu diesem Zeitpunkt war, wie es zu der Schließung und der Entscheidung kam, bekannte Künstler auf der kleinsten Bühne spielen zu lassen, ist unklar. Auch hier antworten die Veranstalter:innen nicht. Auf Instagram gehen sie wie folgt auf Kritik zur Wood-Stage ein:

Die Kapazität der Bühne war zu dem Zeitpunkt voll ausgeschöpft, so dass aus sicherheitstechnischen Gründen der Zugang kontrolliert und teilweise geschlossen werden musste, um eine Gefährdungslage aufgrund von Überfüllung auszuschließen und die Sicherheit gewährleisten zu können. Die Sicherheit aller BesucherInnen ist für uns das höchste Gut.

Das PollerWiesen ist eine Institution in Köln und Dortmund und das zu Recht. Für das nächste Jahr sollte das Konzept der Stage aber überdacht werden, denn sonst bleibt am Ende nur eins:

Techno. Durst. Frust.

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