Das Kollektiv @@hood will uns aus der digitalen Abhängigkeit befreien

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What the fuck is wrong with us on social media? Dieser Frage geht das Kollektiv @@hood auf der digitalen Bühne des Theater an der Ruhr nach. Mit „Awakening Anyone“ unternimmt es den Versuch, spielerisch und interaktiv auf digitale Abhängigkeiten aufmerksam zu machen. STROBO durfte der Gruppe ein paar Fragen stellen.

Was in manchen Kulturen bereits als Mittel zum Gefühl sozialer Integrität den Alltag bestimmt, wird auf der digitalen Bühne von @@hood zum künstlerischen (Selbst-)Experiment: die befremdliche Kommunikation mit Bots. Zuschauer:innen können auf der Seite des Theaters an der Ruhr on demand mit diesen Bots in vermeintliche Interaktion treten. In einem interaktiven Chatroom stellen fiktive Gesprächspartner:innen Fragen über die Zukunft des Internets. Der Chat wird von visuellen und akustischen Inhalten begleitet. 

@@hood: Das anonyme Kollektiv

Die anonyme Gruppierung @@hood experimentiert mit neuen Formen der digitalen Kommunikation und verschleiert bislang ihre Identität. Das soll sich jedoch innerhalb des Projekts „Awakening Anyone” ändern: Das Kollektiv möchte rückwärtsgewandt von einer automatisierten digitalen Kommunikationsform in den Bereich analoger zwischenmenschlicher Begegnungen zurückkehren. Hintergrund des Projekts waren aktivistische, philosophische und künstlerische Ideen, die ein Mitglied der Gruppe in dem Begriff „Artivismus“ vereinigt. 

„Der Ursprungsgedanke von diesem Projekt war, dass wir – in ehrenwertester Robin-Hood-Manier – gewissermaßen unserer aller Daten von den Datenkraken zurückstehlen wollten, um sie der Gemeinschaft zurückzugeben, in welcher Form auch immer“, sagt TaIo, das Pseudonym des gesamten Kollektivs. Schließlich bedürfe es aber einer Art Selbstaufklärung, zu dem die hoods nun beitragen wollen. Die digitalen Medien empfinden sie hinsichtlich zwischenmenschlicher Bindungen als kontraproduktive Stör-Instanz. TaIo kritisiert die wenigen moralisch wirksamen zwischenmenschlichen Bindungen, die sich im Digitalen zeigen, im Kontrast zu analogen vis-à-vis-Situationen.

Die Zukunftsvision des @@hood-Kollektivs: Reale Begegnung voller analoger Wärme

Um dieser absurden Degeneration zwischenmenschlicher Interaktion zu entkommen, „bedarf es eines aufgeklärten Rückwärtsfluges, der im Digitalen startet und sich irgendwann in der analog-digitalen Balance einpendelt“, erklärt TaIo, „denn wir wollen das Digitale auch nicht verteufeln oder gänzlich verlassen. Es gilt, eine Balance zu finden.“ Sie meinen damit nicht den allgemeinen digitalen Fortschritt, sondern machen auf eine toxische Tendenz von Nutzer:innenverhalten aufmerksam.

Foto: @@hood

In Zukunft soll es für das Kollektiv nicht bei dieser digitalen und automatisierten Form von künstlerischem Aktivismus bleiben. TaIo erklärt, dass die Fortsetzung des Projekts deutlich interaktiver werden wird: „Dazu gehört, dass sich die bestehende Fassung des interaktiven hood-Stücks ständig weiterentwickelt – und sei es nur in kleinen Schritten. Am 23.02.2023 soll es dann ‚die Hood App’ geben.“

Detaillierte Informationen über die App und weitere Projekte der hoods bleiben jedoch noch ungewiss und lassen sich allein aus dem Ende des programmierten Chats mutmaßen. Die analoge Begegnung soll jedoch das ultimative Ziel der hoods bleiben.

Awakening Anyone: Werdet zum Teil des Experiments

Awakening Anyone ist nun permanent auf der Seite des Theater an der Ruhr abrufbar. Die interaktive Installation regt dazu an, über die Zukunft unserer digitalen Welt nachzudenken. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit die individuellen Nutzer:innen durch ein reflektiertes und angepasstes Konsumverhalten zum Ausgangspunkt von Veränderung – einer digitalen „Transformation“ – werden können.  

Besucher:innen der Seite können leibhaftig erfahren, was die Bots mit ihrer Kritik an einer „digitalen Kommunikation der Körperlosigkeit“ meinen. @@hood treibt die Idee von digitaler Vernetzung in ein Extrem, an dem es sich teilzunehmen lohnt.

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