„Nein, ich kriege Gigs, weil ich was drauf habe!“ – Verena Becker im Interview beim Juicy Beats 23

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Verena Becker legt als DJ vor allem Tech-House auf. Mittlerweile produziert sie auch eigene Tracks und stand schon in Clubs wie dem Fusion in Münster und im Stollen134 hinter den Decks. STROBO hat sie nach ihrem Set beim Juicy Beats getroffen und mit ihr über die Entwicklung der Techno-Szene und Kommentare von Männern gesprochen.

STROBO: Verena, du hast gerade beim Juicy Beats aufgelegt. Wie war dein Auftritt?

Verena: Es hat super viel Spaß gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass um die Uhrzeit schon so viele Leute da sind. Ich bin das erste Mal hier und dann direkt als Artist. Die Stages, die Leute, es macht auf jeden Fall sehr viel Spaß.

STROBO: Woran denkst du beim Auflegen?  

Verena: Früher war ich sehr aufgeregt vor den Gigs. Meine Hände haben gezittert. Mittlerweile bin ich relativ cool – wenn ich nicht weiß, dass es eine riesengroße Stage ist. Ich plane meine ersten fünf bis zehn Tracks. Dann kann es sein, dass ich mein Set so spiele, wie ich es geplant habe – es kann aber auch sein, dass ich gucke, wie die Leute reagieren. Dass ich dann mehr mit der Crowd mitgehe, dass ich vielleicht ein bisschen mehr Vocals einbringe oder dass ich vielleicht ein bisschen darker spiele. Das mache ich von der Crowd abhängig. Je nachdem, wie die Leute feiern wollen.

STROBO: Wie kam es zu deinem Gig auf dem Juicy Beats?

Verena: DJ Trippsitter organisiert die Veranstaltungsreihe Mollywood-Festivals. Ich bin Resident bei einer anderen. Indeep heißt die und wir arbeiten immer mal wieder zusammen. So kam auch die Anfrage zustande. Da war ich sehr dankbar drüber.

STROBO: Du legst eigentlich Tech-House auf. Dein Set beim Juicy Beats hatte etwas mehr BPM. Wieso?

Verena: Viele sagen immer: Als Djane muss ich ein Genre spielen, aber ich bin momentan relativ offen. Ich spiel gerne mehrere Genres. Wenn mich Veranstalter für Techno anfragen, spiele ich gerne Techno. Wenn mich Veranstalter für Trance anfragen, spiele ich auch gerne Trance. Ich möchte da nicht mit der Masse mitschwimmen. Ich möchte mein eigenes Ding machen.

DJane Verena Becker legt beim Juicy Beats auf. Foto: David Peters.

STROBO: Was hältst du von dem Trend, dass elektronische Musik immer schneller wird?

Verena: Halte ich gar nichts von! Seitdem ich 17 Jahre alt bin, bin ich in der elektronischen Musikszene unterwegs. Mir fällt es immer mehr auf, dass die Leute einfach nur noch die Schnelligkeit feiern. Auch die Vocals: Charthits, die geremixt werden. Ich finde, das ist nicht mehr die richtige Szene, das ist nicht mehr Underground. Die Leute können gerne Peak-Time-Techno feiern, aber nicht diese abgedrehten Remixe. Die Crowd kann man nicht mehr mit früher vergleichen.

STROBO: Früher ist ein gutes Stichwort. Du bist in Wanne-Eickel aufgewachsen…

Verena: Genau! Ich mag das auch gar nicht, wenn jemand Herne sagt. Ich komme aus Wanne-Eickel.

STROBO: Wie es war für dich, dort aufzuwachsen?

Verena: Ich habe es geliebt. Ich hatte Stadt, aber auch Natur. Früher habe ich immer gesagt: Ich will irgendwann nach Berlin ziehen, aber mittlerweile denke ich: Ja, ich würde vielleicht für zwei, drei Monate nach Berlin gehen, aber Wanne-Eickel ist meine Heimat. Da fühle ich mich zuhause. Pottkind durch und durch.

STROBO: Wie kamst du zur elektronischen Musik und hinter die Plattenteller?

Verena: Ich höre die Musik schon seit meiner Jugend. Wir waren früher immer in der Frohnatur in Essen feiern, das heutige Westend. Irgendwann habe ich darüber nachgedacht, wie es wäre, selbst hinter dem Pult zu stehen. Mit der Gründung von Indeep, wurde ich von Freunden gefragt, ob ich nicht Lust hätte, selbst mal aufzulegen. So hatte ich meine ersten Gigs. Wir haben dann unter anderem Veranstaltungen in der Matrix oder der Rotunde gehabt. So sind auch andere Veranstalter auf mich aufmerksam geworden, die mich dann gebucht haben.

STROBO: Seit neustem veröffentlichst du auch eigene Musik. Wie hast du dir das Produzieren beigebracht?

Verena: Perplex, ein Hardstyle-DJ, der mittlerweile auch viel um die Welt reist, hat mir die ersten Skills beigebracht. Aber es gibt immer noch so viele Sachen, die ich lernen muss. Ich sage immer: Das Produzieren ist ein Studium für sich.

STROBO: Wie hat es sich angefühlt, seine eigene Musik zu veröffentlichen?

Verena: Das war ein riesengroßer Schritt für mich. Meine ersten Tracks habe ich zusammen mit Different über das Label Eisenwaren releast. Damals ist er sogar in die Hype Techhouse-Playlist gekommen. Damit habe ich im Leben nicht gerechnet. Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind.

STROBO: Es gibt immer noch wenige Frauen, die elektronische Musik auflegen und produzieren. Wie oft kommen eigentlich dumme Sprüche von Männern?

Verena: Ich kriege oft zu hören: „Du kriegst deine Gigs ja nur, weil du eine Frau bist.“ Nein, ich kriege Gigs, weil ich was drauf habe! Natürlich gibt das auch Pluspunkte, das will ich gar nicht abstreiten. Ich glaube aber, dass ich nicht nur deswegen gebucht werde, sondern vor allem, weil mein Sound und meine Art einfach gut ankommt.

STROBO: Inwiefern hattest du das Gefühl, dass du dir Respekt „erspielen“ musstest?

Verena: Gerade in der Anfangszeit habe ich häufiger Sprüche dieser Art gehört. Das hat Gottseidank etwas abgenommen.

STROBO: Eine Frage zum Abschluss: Was ist bei dir aktuell noch in der Planung?

Verena: Ich habe ich jetzt gerade mit zwei weiteren Freunden eine Veranstaltungsreihe gegründet. Die heißt Invasion, das ist eine reine Tech-House Veranstaltung und da stecke ich gerade meine Energie rein. Dann möchte ich mich wieder auf das Producen konzentrieren.

Hinweis: Am 11.08. findet im Konny Kramer in Münster die Invasion Pt.3 statt. Tickets kosten im VVK 8€. Mit dabei sind MØE GABRIELUCIFER, Chajko, Dyferand & Verena Becker

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