Wo Vernunft auf Wahnsinn trifft – zu Besuch im Rabbit Hole Theater

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Das Rabbit Hole ist ein kleines Theater im Norden der Essener Innenstadt. Hier entfaltet sich ein Raum voller Möglichkeiten zwischen Seriosität und Dubiosem. STROBO hat Probe und Premiere der ersten Folge „Abschlussfeier – Die Serie“ begleitet. Ein wortwörtlicher Blick hinter die Kulissen des kleinen Theaters.

Es ist ein sonniger Nachmittag. Am Viehofer Platz in Essen eilen Menschen hin und her. Den Blick aufs Handy, Kopfhörer im Ohr. Nicht allen fällt das Schild im Schaufenster der Nummer 19 auf: „Rabbit Hole Theater“. Es wirkt zunächst eher unscheinbar. Dabei braucht es nur einen kleinen Schritt über die Schwelle, um abzutauchen in eine andere Welt – mal laut, mal leise, mal traurig, mal lustig, aber definitiv immer wieder einen Besuch wert.

Serien-Feeling im Rabbit Hole Theater

Vor dem Eingang steht Dominik Hertrich, einer der Gründer des Rabbit Hole, sowie Regisseur von „Abschlussfeier“. Er wartet auf sein Ensemble aus acht Schaupieler:innen, um mit ihnen das letzte Mal zu proben. Denn die Premiere steht kurz bevor – passend zum einjährigen Geburtstag des Theaters. Dabei bringt das Rabbit Hole echtes Serien-Feeling auf die Bühne: Von Mai bis November gibt es jeden letzten Donnerstag im Monat eine neue Folge. Zu Beginn jeder Folge zeigen die Schauspieler:innen ein „Was bisher geschah“, sodass man auch mittendrin einsteigen kann. 

„Mit Rabbit Hole wollen wir einen neuen, immersiven Zwischenraum schaffen, in den die Zuschauer:innen abtauchen können“, sagt Dominik. Daher kommt auch der Name: „In ein Kaninchenloch muss man sich hereingraben und kann sich leicht verlieren“.

Ein Blick auf das Bühnenbild von „Abschlussfeier“ im Rabbit Hole Theater. Foto: Ole Meier.

Jede:r kann Theater spielen” Dominik Hertrich vom Rabbit Hole Theater

Nach dem Schritt über die Schwelle finden sich die Besucher:innen in einem gemütlichen Raum mit schwarzen Wänden wieder, der passend zum Stück einladend oder beklemmend wirken kann. Sobald sie sich durch die zusammengewürfelte Bestuhlung geschlängelt haben, stehen sie schon fast selbst auf der Bühne. Links daneben eine kleine Holztheke. „Den Bereich trennen wir normalerweise bei Aufführungen ab, bei Abschlussfeier nutzen wir aber den ganzen Raum“, erklärt Dominik.

Hinter der Bar hängen Poster von früheren Veranstaltungen: Hoppla Apokalyptiko 2020 ff., Judas, Katharsis. Das ergibt eine Mischung aus Stücken von geübten Ensembles und Projekten von Menschen, die noch nie auf der Bühne standen. „Von der Fitnesstrainerin bis zum Lehrer sind wir immer eine ganz gemischte Truppe“, so der Theaterbesitzer. „Ich finde, jede:r kann Theater spielen. Man muss nur versuchen, sich wirklich fallen zu lassen.“

Im letzten Jahr gab es viele dystopische Stücke, die zum Nachdenken anregen sollten. Dieses Jahr zeigt das Theater mehr Komödien. „Wir möchten die Menschen zum Schmunzeln bringen. Ich glaube, mit Abschlussfeier wird uns das gelingen“, freut sich Dominik. 

Die kleine Bühne des Rabbit Hole Theaters. Foto: Ole Meier.

Mit acht Stunden Probe zur Premiere

Im Zentrum der Handlung steht dabei die Schauspielerin Salamanca Kronenberg, die mit ihrem Geliebten, dem Wrestler Rick Maelstrom, im Ausland Elefanten streicheln möchte. Theaterinhaber Raymond Mc Theater möchte sie überzeugen zu bleiben. Zeitgleich gibt es Nebenhandlungen, intensive Gespräche über den Konsum von Cannabis, Klimakleber:innen und ganz viel „Vortex”, die schließlich die Geschichte vom Leben im und ums Theater erzählen. Klingt schräg? Ist es auch – in the best way possible. „Akribische Planung und Vorbereitung sind für Abschlussfeier notwendig“, erzählt Dominik. Denn für die erste Folge hat das Ensemble insgesamt nur acht Stunden Probezeit.

„Das wird die schnellste, heftigste Probe, die wir je hatten“, glaubt Dominik. Die Probe ist konzentriert, chaotisch und professionell in einem, aber besonders: ehrlich. Hier werden keine Aussagen in Watte gepackt, sondern wirklich daran gearbeitet noch besser zu werden. Zuerst wird nur trocken der Text geübt, danach geht’s auf die Bühne. Was auffällt ist, dass alle Schauspieler:innen miteinbezogen werden: „Habt ihr eine bessere Idee? Seid ihr okay damit?“, fragt der Regisseur oft. 

Bei allen Beteiligten schwingen Spaß, Leidenschaft und der Wille mit, den eigenen Charakter zu erfassen und den Zuschauer:innen authentisch zu präsentieren. „Ich habe noch nie Theater gespielt, doch sobald ich mich wirklich in die Rolle finde, fällt es mir ganz leicht. Ich blende einfach alles andere aus“, verrät Danny-Tristan Bombosch, der Raymond Mc Theater spielt, während einer Pause. 

Die Premiere im Rabbit Hole Theater

Um 20 Uhr am nächsten Tag heißt es dann: Showtime!

Das Rabbit Hole bietet gerade mal 30 Sitzplätze. Foto: Ole Meier.

Draußen werden noch die Tickets gecheckt, während Salamanca Kronenberg, gespielt von Selina Koenen auf der Bühne schon loslegt. Die weiteren Schauspieler:innen verstecken sich im Publikum. Ein bisschen verwirrt, doch fasziniert zieht es die Zuschauer:innen auf ihre Plätze. Erst nach und nach fällt ihnen auf, dass die Sitznachbar:innen womöglich Teil des Stücks sind, so wie sie selbst gewissermaßen. Das Theater ist voll, die 30 Plätze besetzt. Während der Aufführung sind viel Lachen und überraschte Laute zu hören. Das Stück geht nur etwa 50 Minuten – eben wie bei einer richtigen Serie. Der Applaus ist groß.

Alle Mitwirkenden sind glücklich über die erste Folge und feiern das mit Kaltgetränken und guten Gesprächen im und vorm Theater. „Das Rabbit Hole ist ein Ort, an dem die Tür fast immer offensteht. Hier sollen kreative Menschen zusammenkommen, was trinken und sich austauschen“, erzählt Dominik.

In dem kleinen Theater wird aus dem vollen Leben geschöpft, mit Leidenschaft Theater gespielt und ein neuer Raum geschaffen, in den die Besucher:innnen abtauchen können. Wer nun wissen will, ob Salamanca und Rick noch Elefanten streicheln werden, sollte die nächsten Folgen der Reihe im Rabbit Hole nicht verpassen. 

Bock auf mehr STROBO? Lest hier: Das Kollektiv Eurorack Ruhr stellt sich vor.

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