Zwischen Electric Wizard und Zamonien: Mother Bear im Interview

Die Dortmunder Stonerband Mother Bear hat am 29. Juli ihr Debütalbum Zamonian Occultism veröffentlicht. Die drei Musiker haben sich bei ihrem Stoner/Doom á la Electric Wizard von den Zamonienromanen, den Fantasybüchern von Walter Moers, inspireren lassen.

Strobo: Euer Debütalbum ist eine Hommage an die Zamonien-Romane, welche auf dem von Walter Moers erfundenen Kontinent Zamonien spielen. Wie seid ihr darauf gekommen?

Jonas: Während des Writings vom Album hatten wir einen Song, den wir ziemlich okkult und messenartig fanden. Da haben wir drüber geredet, dass das nicht nur okkult, sondern auch sehr zamonisch klingt. Es gibt übelst viele Bands, die Tolkien behandeln und das Thema ist für uns auch auserzählt. Da wollten wir eine neue Fantasywelt als Inspiration nehmen.

Flo: Wir hatten „Zamonian Occultism“ erst als Arbeitstitel, weil wir über Walter Moers geredet haben und wir alle parallel die Bücher gelesen hatten. Dann haben wir den restlichen Songs auch ähnliche Titel gegeben und die haben wir dann größtenteils auch übernommen.

Kevin: Für mich steht der Zamonien-Aspekt auch dafür, dass man sich nicht zu ernst nimmt. Deswegen ist das auch geil, dass Doom da gut zu passt, weil Doom eine Schablone ist.

STROBO:Inside – Mother Bear und Zamonien

Mother Bear wurde 2017 von Florian Grass und Kevin Krenczer (beide ehemals St. Gallus Convention Tapes) als Drum/Bass-Duo gegründet, beide releasten im selben Jahr die Demo „Bear Mother“. Im Jahr 2020 trat dann Jonas Wenz (Second Sight) der Band bei und am 29. Juli 2022 veröffentlichte das Stoner/Doom-Trio ihr Debütalbum „Zamonian Occultism“, welches starke Bezüge auf die Zamonien-Romane von Walter Moers nimmt.
Die Zamonien-Romane wurden von Walter Moers geschrieben und beschreiben auf komische und kreative Weise das Leben unterschiedlichster Daseinsformen auf dem fiktiven Kontinent Zamonien. Ähnlich wie Terry Pratchett (Scheibenwelt-Romane) persifliert oder kopiert Walter Moers oft Geschichten, Fabelwesen, Phänomene, Namen oder Menschen aus dem realen Leben.

Strobo: Was sind eure Lieblingsbücher und -Charaktere von Walter Moers und was fasziniert euch an der Fantasywelt von Zamonien?

Kevin: Für mich sind es Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär, das hatte ich vor den Aufnahmen noch gelesen. Von den Charakteren find ich die Hutzen nice und Professor Nachtigaller. Wir haben uns auch intern noch nicht festgelegt, aber wir feiern auch alle Rumo sehr. Und was natürlich alles überspannt, ist das Gimp.

Flo: Das Gimp ist definitiv ein großer Faktor. Mein Lieblingsbuch ist auf jeden Fall Die Stadt der Träumenden Bücher und mein Lieblingscharakter ist Eißpin, der Schrecksenmeister. Er ist einer der wenigen Personen bei den Zamonienromanen, der extern analysiert und nicht aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Was mich fasziniert ist, dass alles unglaublich referentiell ist, wie etwa der Schrecksenmeister eine Neuerzählung von Echo, das Kätzchen von Gottfried Keller ist. Oder die Illustrationen, die teilweise Anlehnungen an Filme sind. Alles schrecksgeil. (alle lachen)

Jonas: Ich habe die Bücher immer als Hörbücher gehört und die Figuren, die sich in meinem Kopf beim Hören von 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär abgezeichnet haben, fand ich ziemlich gut. Die Gimpregeln fand ich auch sehr geil, weil sie die Bibel ziemlich gut parodieren. Ich lese gerade wieder Stadt der Träumenden Bücher und bin ein großer Fan von den Buchlingen. Ich finde es faszinierend, dass sich Lebewesen von Geschriebenem ernähren könnten.

Flo: Die sind genauso Knechte wie wir von der Musik von Electric Wizard. (alle lachen)

Strobo: Das Album atmet Doom, Stoner und Sludge. Welche Künstler:innen haben euch inspiriert?

Kevin: Die genannten Electric Wizard vor allem. Zusätzlich auch OM, Windhand, Scott Reeder von Kyuss und tatsächlich auch Bohren & der Club of Gore.

Jonas: Ozzy Osbourne und Dead Meadows. Windhand sind gesanglich auch ziemlich inspirierend. Auch wenn ich aus dem Hardcore komme, bin ich Fan von allem, was langsam ist.

Flo: Was Doom-Drumming angeht, auf jeden Fall Weedeater und Acid King. Natürlich auch Wovenhand. Und Electric Wizard ist wie gesagt unser Common Ground.

Strobo: Arno Augustin von Drens hat euer Album produziert. Wie kam es zu der Kollaboration und wie war die Zusammenarbeit? Könnt ihr euch in Zukunft ein gemeinsames Projekt vorstellen?

Jonas: Arno kenne ich durch Walking on Rivers, er macht bei denen den Livesound und ich war mit ihnen als Fotograf auf Tour. Dann hatte er mich für Promofotos für Drens gefragt und wir haben eine Übereinkunft geschlossen: Ich mache die Fotos, du produzierst unser Album. Und egal ob nächstes Album oder Live-Konzept, wir können uns eigentlich alles mit ihm vorstellen.

Kevin: Das Aufnehmen mit ihm war sehr gut, auch wenn er eigentlich fachfremd ist. Er hat sich auch eingehört und schnell verstanden, wie es klingen soll. Wir machen auf jeden Fall auch die zweite Platte mit ihm.

Flo: Er war komplett offen für unsere Wünsche. Arno hat schon sehr schnell gewusst, was wir wollen und wie es klingen soll. Er macht ja auch den Livesound im Junkyard und hat da auch schon Stonerbands abgemischt.

Strobo: Wie kam es zu der Entscheidung statt zu zweit in Zukunft als Trio weiterzumachen?

Kevin: Flo und ich haben jetzt schon 12 Jahre lang Musik mit verschiedensten Menschen gemacht und jammen auch sehr viel. Irgendwann haben wir dann mit Jonas gejammt und das hat einfach geklappt.

Flo: Wir hatten das ursprüngliche Konzept von Mother Bear auch irgendwann auserzählt, also in der Bass-und-Schlagzeug-Kombo. Mit einer Gitarre dabei hat man mehr Raum. Das ist dann auch genau die Musik, die wir machen wollen.

Jonas: Das hat einfach sofort gepasst. Ich bin schon sehr froh, jetzt ein Teil der Bärenfamilie zu sein.

Strobo: Eure Album-Releaseshow wird gleichzeitig ein Auftritt als Vorband von Eremit und den Sludgelegenden von EyeHateGod. Wie kam es dazu und was bedeutet euch der Auftritt?

Jonas: Joe Shogun von Shogun Records hatte Arno irgendwas wegen der Arbeit im Junkyard gefragt und Arno meinte dann: „Ich nehme hier gerade so ‘ne Doomband auf, wären die was für dich?“ Joe fand uns dann passend für die Show am 10.08. und hat uns dann direkt angeschrieben, ob wir Bock hätten. Ich habe damit gar nicht gerechnet und auch ein bisschen gebraucht, um das zu realisieren.

Flo: Und das krasse ist einerseits natürlich vor EyeHateGod zu spielen. Als erstes Konzert zu dritt kann es nur heftig werden. Und dreiviertel der Konzerte, auf die ich gehe, sind von Shogun. Bei ihm kann man auf jedes Konzert gehen und weiß es wird gut. Das ist das andere, er ist der kultivierteste Booker hier im Umkreis aktuell und das ist auch sick. Ich dachte auch erst das wäre ein Scherz.

Strobo: Was könnte die Stoner- und Doomszene im Ruhrgebiet machen, um sichtbarer zu werden?

Jonas: Es muss jetzt nicht viel offener für den Mainstream werden, aber es muss showmäßig einiges gemacht werden. Ich kenne das aus der Hardcoresubkultur, wo man immer irgendwo eine Show hat. Das kenne ich von Stoner, Doom und Psychedelic nicht. Dabei gibt es eigentlich viele coole Bands, allen voran natürlich unsere Buddies von Daily Thompson.

Flo: Im Ruhrgebiet gibt es natürlich sechs Millionen Menschen, die geilen Scheiß machen, aber alle machen ihr eigenes Süppchen. Und obwohl Bands wie Hexer oder Bongbongbeerwizards auf krassen Line-Ups stehen, trifft man hier auch oft Leute, die die lokalen Bands nicht kennen. Weil selbst Doomheads aus dem Ruhrgebiet bspw. Hexer einfach nicht kennen. Es gibt viele geile Bands alleine aus Dortmund, aber einerseits gibt es jetzt nicht so viele Festivals oder so hier, und andererseits denkt man im Ruhrgebiet bei coolen Sachen scheinbar oft, dass die eh von woanders kommen.

Strobo: Was erwartet uns in Zukunft: Ein Song über die legendären Nattifftoffenkriege, ein Scheibenwelt-Konzeptalbum oder ein Electric Wizard-Coveralbum?

Flo: Alle drei Optionen sind sehr verlockend, vielleicht vereinen wir einfach alle Sachen in einem. (alle lachen)

Kevin: Wir wollen in Zukunft auf jeden Fall bei einem Sound bleiben und inhaltlich homogen bleiben. Flo und ich haben zwölf Jahre lang musikalisch immer gewechselt und jetzt können wir mit Jonas auch mal beim Gleichen bleiben. Ich will auch so bildlich bleiben. Ich hätte auch richtig Bock auf eine Tour mit geilen Festivals, Freak Valley und Krach am Bach möchte ich gerne mal spielen.

Jonas: Wir haben ja einen variablen Sound und können da einiges machen. Eine Englandtour wäre auch echt geil. Wir wollen uns auch mehr mit anderen Bands vernetzen, grob ist auch eine Tour mit Daily Thompson geplant.

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