Ich will zeigen, dass der Ruhrpott auch Weiber hat, die geil sind – KVRMV44 bei den STROBO:Sessions

Bisher hatte KVRMV44 nur zwei Songs auf dem Release-Konto. Das wird sich dieses Jahr ändern. Im Interview zu den Sessions erzählt die Rapperin vom harten Leben auf der Straße in ihrer Kindheit, von ihre Liebe zu klassischen Musik und von ihren Plänen für die Zukunft.

STROBO: Du rappst mal auf deutsch, mal auf englisch, mal auf russisch. Warum?

KVRMV44: Ich kann es nicht erklären. Das kommt einfach aus mir heraus. Ich schreibe nach Gefühl und dann passiert das. Ich bin dreisprachig aufgewachsen. Russisch ist meine Muttersprache. Dann kam ich nach Deutschland und musste Deutsch lernen. Bevor ich in die Grundschule kam, habe ich schon Englisch gelernt.

STROBO:Inside

KVRMV44 ist eine Rapperin aus Dortmund, die mit ihrem Sound nicht nur mehrere Sprachen verbindet. Mit ihrem Sound schafft sie auch ein Spagat zwischen basslastigen Beats mit selbstbewussten Lines, sowie melancholischen Songs, in der sie ihre Vergangenheit reflektiert. 

STROBO: Was ist das Besondere an Russisch?

KVRMV44: Ich möchte genau die Person, die ich bin, den Leuten auch vermitteln – und da gehört russisch einfach dazu. Jeder hat seine Kultur und ich find es gut, wenn Leute ihre Kulturen an den Mann bringen.

STROBO: Du bist mit drei Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Durch welche Brille betrachtest du Deutschland?

KVRMV44: Ich bin mit Sachen aufgewachsen, die man als kleines Mädchen eigentlich nicht sehen sollte. Auf der einen Seite finde ich das gut, weil ich dadurch ein Gespür bekommen habe, wer real ist. Auf der anderen Seite würde ich niemandem meine Kindheit wünschen. Als wir aus der Ukraine hier her kamen, war es sehr schwer. Wir waren eine von wenigen Ausländer und hatten viele Barrieren zu bewältigen. Es staut sich etwas auf, wenn jemandem tausendmal gesagt wird, wie schlecht man ist und das man hier nicht rein passt. Dadurch habe ich ein dickes Fell bekommen.

STROBO: Spiegeln sich deine Erlebnisse auch in deiner Musik wider?

„Mein Traum“ ist einer meiner persönlichsten Songs. Früher bestanden meine Träume aus vielen bunten Farben. Ich habe schnell gemerkt, dass das Leben doch anders ist. Ich habe auch keinen Bock, zu lügen. Meine Songs entstehen aus dem Moment, sonst würde ich lügen.

STROBO: Du bist mit klassischer Musik aufgewachsen. Welchen Stellenwert hat sie heute in deinem Leben?  

KVRMV44: Meine Mutter hat klassische Musik studiert und es gab nichts anderes bei uns. Früher habe ich es gehasst und jetzt liebe ich es. Ich bin mit verschiedenen Richtungen aufgewachsen – Tik Tak Toe, Ace Of Base, Tarkan Aaliyah. Musik ist einfach mein leben und klassische Musik ist meine Basis.

STROBO: In „I’m Not Christian” rappst du in vier Sprachen, dass du alles bist, aber nicht christlich. Hat oder hatte Religion eine Bedeutung für dich?

KVRMV44: Ich muss nicht in die Kirche gehen, um an das Göttliche zu glauben. Da ist irgendetwas, was uns alle zusammenhält und uns alle beschützt. Der Vibe des Songs ist aber eigentlich ein anderer.

STROBO: Du gibst dich sowohl auf deinen Bildern als auch in deinen Texten selbstbewusst. Warum ist Selbstbewusstsein in der Musik so wichtig?

KVRMV44: Ich war eine Zeitlang komplett gebrochen und habe dadurch gelernt, ich selbst und nicht irgendjemand anderes zu sein. Jeder muss sich im Spiegel anschauen können und wissen, was er für eine geile Sau ist. Leider gibt es aber zu viele Menschen ohne Selbstbewusstsein, die andere Leute damit herunterziehen und sich von der Energie anderer ernähren.

Das wurde früher genug mit mir gemacht. Jetzt bin ich selbstbewusst und trage es auch gern in die Welt, warum auch nicht? Wenn man Musik macht, kann man Vorbild sein. Ich möchte zeigen: Der Einzige, der dich glücklich macht, bist du selbst.

STROBO: Shirin David, Katja Krasevice, Hayti: Mittlerweile sind auch Frauen im Rap erfolgreich und treten selbstbewusst auf. Wie erlebst du das als Rapperin?

KVRMV44: Ich werde oft von anderen Rappern heruntergeredet. Die meinen dann, es würde nicht ankommen, wenn man als Frau davon redet, dass man Schwänze liebt oder „Fotze“ sagt. Aber es kommt an. Ich will zeigen, dass der Ruhrpott auch Weiber hat, die geil sind. Nur die Leute reden einen runter, wenn sie merken, dass du zu hoch fliegen könntest. Ich bin dem gewachsen und habe nur auf den Moment gewartet.

STROBO: Du hast von deinen bunten Träumen als Kind Erzählt. Wie ist dein Leben gerade? Eher bunt oder eher grau?

KVRMV44: Grau. Das liegt aber auch an Dortmund, weil ich mich hier wortwörtlich ausgekotzt habe. Ich laufe nur noch auf einer Stelle und kann hier nicht mehr wachsen. Wenn ich umziehe, ist Berlin mein Favorit. Ich bleibe aber trotzdem Ruhrpott. Ich bin eine der wenigen, die immer wieder Dortmund einbezieht. Ich bin Dortmund, egal was ist, das wird sich nie ändern.

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