Ruhrgebiet-Releases des Monats: August 2022

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Und schon ist der August vorbei – auch in diesem Monat haben zahlreiche Artists aus dem Ruhrgebiet Musik gedroppt. Wie immer kuratiert euch STROBO diese in einer monatlichen Rubrik.

Musik aus dem Ruhrgebiet: Alben/EPs/Compilations im August 2022

Miksu / Macloud (Essen): Nachts wach (Remix EP) – 26. August

Das Essener Produzenten-Duo Miksu / Macloud reitet seit einigen Jahren auf einer riesigen Erfolgswelle und ist mittlerweile fester Bestandteil der deutschsprachigen Rapwelt. Ihr jüngster Hit ist „Nachts Wach“ zusammen mit Rapper Makko, der bei TikTok und Instagram seit einigen Wochen rauf und runter läuft, und die Hymne des Spätsommers 2022 geworden ist. Denn „Nachts Wach“ besticht durch seinen Vibe – textlich geht es darum kaputt zu sein, und sich deshalb betäuben zu müssen – dabei läuft der Song aber auf einem hellen, gechillten Beat.

Besonders erfolgreich auf Social Media ist dabei eine Version von „Nachts Wach“, die Marterias „Lila Wolken“ sampelt. Die hat das Produzenten-Duo jetzt auf ihrer Remix-EP veröffentlicht – zusammen mit drei anderen Versionen. Mal wird der Song mit entspannten und mal mit treibenden Beats versehen. Die Slow-Version lenkt den Fokus dabei am meisten auf die Lyrics und taucht den Track in ein melancholisches Licht.

Figur Lemur (Witten/Bochum): Politik und Liebe – 5. August 2022

„Politik und Liebe“ heißt das Debütalbum von Figur Lemur. Die Band hat sich dafür den Produzenten Farsad Zoroofchi mit ins Boot geholt, der unter anderem mit Milliarden, Provinz und Bosse zusammengearbeitet hat. Musikalisch lässt sich das Album wie für die Band typisch dem Poprap zuordnen, auch wenn Figur Lemur einige Elemente aus dem Grunge und Electro in ihre Tracks einbauen – und die Songs an einigen Stellen noch ein wenig düsterer als die früheren Releases der Band sind.

Das passt zu der Gesamtästhetik ihres Albums, denn „Politik und Liebe“ ist dabei passend zum Titel ein sehr gesellschaftskritisches und politisches Werk. Figur Lemur greifen darin unter anderem Themen wie Weltschmerz („Katharina“), Kapitalismus („Wannja“), die NS-Vergangenheit der Großeltern („Opa“) und Einsamkeit („Allein“) auf. Dabei ist das Album nicht einseitig: Helle Gute-Laune-Songs sind beispielsweise „Pack“, der die jahrelange Freundschaft der vier Bandmitglieder aufgreift, und „Happy As Fuck“. Hier lest ihr das Interview zum Album.

Leo Karter (Oberhausen): Always Spaced Out – 26. August

Der Oberhausener Singer/Songwriter Leo Karter hat Ende August seine Debüt-EP „Always Spaced Out“ veröffentlicht bringt dabei Einflüsse aus Indiepop und brasilianischer Musik auf harmonisch-sommerliche Weise zusammen. Dabei erinnern seine Stücke an Bands wie The Kooks, Beirut und Los Hermanos – Leo Karter bleibt sich dabei aber immer treu und kreiert so mit den fünf Songs der EP einen eigenen Sound.

Die Lieder schaffen es, dass die knapp 20 Minuten Hörzeit wie im Flug vergehen und man sich in ihnen zum Tagträumen hingerissen fühlt. Besondere Highlights sind hierbei der treibende Gute Laune-Song „Pictures of Hawaii“, der die EP eröffnet, sowie das ruhigere, aber sich in einem wunderbaren mit Streichinstrumenten versehenen Finale entladende „Ticket to Space“. Das STROBO-Interview mit Leo Karter könnt ihr hier lesen.

Musik aus dem Ruhrgebiet: Singles im August 2022

Ziry & Snice1 (Witten/Köln): Meilenweit – 19. August

Der Wittener Rapper Ziry hat sich für sein jüngstes Release mit dem Kölner Produzenten Snice1 zusammengetan. Rausgekommen ist „Meilenweit“, ein Track, der davon handelt, in den eigenen Gedanken gefangen zu sein, von Rastlosigkeit und dem Verlangen, es zu etwas zu schaffen. Damit zeigt Ziry, was er besonders gut kann: deepe Texte so zu verpacken, dass man vollends in sie eintauchen möchte.

Der Bruder von Al Kareem (Witten Untouchable) verbindet in „Meilenweit“ Autotune-Rap mit tranceartigen Beats und schafft es damit einen Sog zu kreieren, der einen immer tiefer in den Song zieht. Der Track ist die erste Singleauskopplung aus „Formidabel“, der EP von Ziry und Since1, die am 9. September releast werden soll. Ziry wird auch Gast in der zweiten Staffel der Strobo:Sessions sein, die noch in diesem Jahr erscheinen werden.

Electric Callboy (Castrop-Rauxel/Essen): Hurrikan -19. August

Wer auf den neusten Song von Electric Callboy geklickt hat, wird sich in den ersten Sekunden vielleicht die Frage gestellt haben, ob der Track wirklich von der Band kommt. Denn „Hurrikan“ startet mit einem ballermannreifen 4/4 Takt und einem eben so schlageresken Text, der sich sich in einen furchtbar kitschigen Refrain steigert. Der Bruch entsteht danach, als sich die Stimmung des Songs brachial ändert und in hartem Metal mit intensivem Growling resultiert.

Ja, es ist bekannt, dass Electric Callboy sich nicht für Genregrenzen interessieren, „Hurrikan“ führt dies jedoch ad absurdum und wird vielleicht deshalb immer besser, je häufiger man den Track hört. Die Band selbst bezeichnet sich dafür auf Instagram gewohnt selbstironisch als „Die neuen Sternchen am Schlagerhimmel“. Besonders sehenswert ist auch das Musikvideo, das sichtlich Videos wie Michael Wendlers „Egal“ parodiert, und in dem die Pornodarstellerin und Ballermann-Sängerin Mia Julia auftritt. Hier endet die gefühlsduselige Schlagerszenerie in einem Zombie-Gemetzel. Mit „Tekkno“ veröffentlichen Electric Callboy am 9. September ihr sechstes Studioalbum.

Isi I (Dortmund): Schön wärs – 12. August

Die Dortmunder Rapperin Isi I hat im August ihre Single „Schön wärs“ veröffentlicht – und damit einen vibig-entspannten Song geliefert, der perfekt dafür ist, zusammen mit Freund:innen die letzten Sommertage zu genießen. Bei Isi I, die Teil des Kollektivs PATINA Records ist, geht es darum, den Moment zu genießen und Zweifel loszulassen. Dabei erinnert „Schön wärs“ an lange Partys in lauen Sommernächten, von denen man möchte, dass sie niemals enden.

Cloud Trips und Timur Bambil (Bochum): Second Guess – 26. August

Auf den Poppunk-Zug aufgesprungen sind das Bochumer Alternative-Duo Cloud Trips und Timur Bambil aus Herne mit ihrem Song „Second Guess“, der musikalisch mit eingängigen Gitarrenriffs und textlich mit zelebrierten Unsicherheiten für gute Laune sorgt. Das Konzept hinter dem Song funktioniert gut, denn „Second Guess“ hätte durchaus auch auf einer Halfpipe in den 2000ern laufen können. Dass Poppunk und Skaterpunk ein großes Revival feiern, ist schon lange kein Geheimnis mehr – damit passt „Second Guess“ perfekt zum Zeitgeist.

Kareem & Clockwork (Dortmund): 9/5 – 25. August

Auch Kareem von PATINA Records hat einen neuen Song mit starken Zeitgeist-Vibes releast. Dabei ist das Dortmunder Produzenten-Duo Clockwork „auf dem Beat“, das die erste Hälfte des Tracks mit wabernden Synthie-Beats einleitet, den Track aber nach einem starken Bruch trap-typisch abschließen lässt. Kareem reflektiert in dem Song seine Vergangenheit wie seinen Weg in den Rap und zeigt eindrücklich: Seine Zukunft ist die Musik und kein 9/5-Job.

Kid K (Dortmund): 30 Grad – 19. August

„Was kann man heute Abend machen?“ fragt Kid K auf seiner aktuellen Single „30 Grad“ und holt mit dem Track den aktuellen Großstadt-Sound von BHZ und Co. nach Dortmund. Der von Laskin produzierte Song handelt von einem planlosen Sommertag in Dortmund West und Kid K erzählt vom Leben im Moment, Zukunftssorgen, Maxo-Kream-Hören und natürlich der Frage was man heute Abend so machen kann. Der chillige Vibe des Sommertracks animiert zum Abhängen im Westpark oder am Dortmunder U bei 30 Grad (natürlich im Schatten).

Kira Hummen (Bochum): I Wanna Give Up – Single Edit – 19. August

Kira Hummen hat mit „I Wanna Give Up“ 2020 einen Song geschrieben, der klar von den Covid-Lockdowns beeinflusst wurde. Jetzt hat die Sängerin ihn als Single Edit rausgebracht. Auch wenn der Track ursprünglich bereits vor zwei Jahren geschrieben wurde, passt er gut in die aktuelle Zeit nach den Lockdowns. Mit sanft spielender Gitarre und entspanntem Drum-Machine-Beat singt sie auf ihrer selbst produzierten Single mit gewohnt starkem Stimmrepertoire davon, aufgeben zu wollen – als Hörer:in fühlt man sich dadurch verstanden und dazu ermutigt, einfach mal zu entspannen, den Stress beiseite zu schieben und neue Kraft zu tanken.

Our Mirage (Marl) – Black Hole – 17. August

Die Post-Hardcore-Band Our Mirage hat mit „Black Hole“ eine neue Single vom am 25. November erscheinenden Album Eclipse“ veröffentlicht. Auf „Black Hole“ beschreibt Sänger Timo Bonner, wie es sich anfühlt, von den eigenen Ängsten gefangen zu sein – das Schwarze Loch ist dabei die perfekte Metapher für diesen Zustand. Musikalisch steht ihm der Rest der Band zur Seite: Treibende Blastbeats und melodische Gitarrenriffs machen Lust auf den Rest des Albums – vier weitere Tracks sind sogar bereits veröffentlicht und machen dabei das Warten auf Ende November erträglicher. Außerdem haben die Marler mit dem wuchtigen Song, welcher von einem sehenswerten Musikvideo begleitet wird, den ersten Track einer Trilogie veröffentlicht.

Babatell (Dortmund): TNP – 30. August

Der Dortmunder Babatell hat mit „TNP“ aka „Teach Never Preach“ eine soulige Single mit starkem US-amerikanischem Einschlag veröffentlicht. Irgendwo zwischen Drake und Kid Cudi findet Babatell auf „TNP“ seinen Sound und flowt gefühlig in englischer Sprache auf dem von ihm selbst produzierten Beat. Auch ein Musikvideo soll den Song begleiten – wir sind gespannt auf die Visuals. Hier kommt ihr zum Porträt des Musikers, hier zum Interview zu seinem Auftritt bei den STROBO:Sessions.

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